Aksak Maboul – Onze Danses Pour Combattre, La Migraine, Un Peu De L’Ame Des Bandits / The Honeymoon Killers – Les Tueurs De la Lune De Miel

1977 war das Jahr, in dem Punk aus der Subkultur auf die Straße trat und mit allem brach, was aufzutreiben war: mit Tradition, Politik, mit Erwachsensein, Konsumscheiße und der Behäbigkeit des alten Affen Pop. 1977 erschienen die ersten (die besten} Platten der Pistols, von The Clash und The Damned – und vielleicht auch nicht ganz zufällig ein 17-Track-Album mit dem ominösen Namen ONZE DANSES POUR COMBATTRE LA M1GRAINE („Elf Tänze zur Bekämpfung der Migräne“). Der Titel darf in der Rückschau wieder dem Prinzip Punk zugeordnet werden, was sich darüber hinaus auf dem 50-minütigen Werk des späteren Crammed-Discs-Gründers Marc Hollander wiederfand, war so etwas wie der Angriff der Marsmännchen auf die Hörgewohnheiten der späten 70er. Musik von einem Raumschiff, das im Dreiminutentakt seltsame Miniaturen und Kinderlieder auf die Welt warf, in denen Klarinetten und Violinen unvermittelt die Hauptrollen spielten. Im Track „(Mit 1) Saure Gurke (aus Urwald gelockt)“ kann man eine Rohfassung von Techno hören, ganz reizend mit Orgel und Drum Machine. Der Rest spielte irgendwo in den Fantasien der Akteure, zwischen selbst erfundenen afrikanischen Sounds, Erik Satie und Gypsy Music, Musette-Einflüssen und Salon-Liedern switchend, eine geniale Hin- und Hermusik, die mit dem guten Ton im Avantgarde-Rock brach. Auf dem zweiten Album, das Hollander 1980 als Aksak Maboul einspielte, tauchten dann zwei Recken der britischen Rock-Avantgarde auf, Fred Frith und Chris Cutler (Henry Cow). UN PEU DE L’AME DES BANDITS ging noch weiter in die Extreme; Aksak Maboul zerfledderten Blues und Folk mit programmierten Beats und Samples (die damals noch nicht so hießen) und stellten das Publikum mit radikalen Ambient-Passagen auf die Probe. Zur allgemeinen Überraschung fusionierte der Aksak-Maboul-Kern im Jahr darauf mit den New-Wave-Liebchen Honeymoon Killers und nahm das linksdrehende Pop-Album LES TUETLRS DE LA LUNE DE MIEL auf, das uns die schönsten Quietsche-Entchen-Lieder der New-Wave-Ara schenkte (und fünf Bonus-Tracks in der Neuauflage).

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