Razorlight & Manic Street Preachers
Die Manics werden in Würde älter, Razorlight sind ihnen nicht mehr nur auf den Fersen, sie überholen schon.
Hier die alten Kämpen des epischen Oppositionsrocks, dort die jungen Rotznasen, mit arroganten Sprüchen, emotionsgeladenen Refrains und einem gefeierten Debüt unter den Senkrechtstartern 2004: Die Kombination klingt gut, ein Kassenschlager ist sie nicht. Vor der Wembley Arena versuchen die Ticket-Schwarzhändler, ihre Ware wenigstens noch zum Nennwert loszuwerden. Drinnen sind die Sitzränge nur licht besetzt, das Oval vor der Bühne ist zu einem Drittel leer. Angesichts der lauwarmen Kritiken für das neueste Manics-Album LiFEBLOOD dürften viele Razorlight-Fans ihre Batzen für die eigene Headliner-Tournee ihrer Helden Anfang 2005 gespart haben. Aber die Londoner Newcomer lassen sich die Laune nicht durch etwas anämische Atmosphäre versauen. „Rock’n’Roll Lies“ (ein Titel, der auch auf dem Mist der Manics hätte gewachsen sein können), „Stumble And Fall“, „Golden Touch“ und „In The City“ schaffen eine beeindruckende Grat wanderung. Die süffigen Melodien sind nicht gerade neu, aber klingen frisch. Das Pathos, wie geschaffen für die Großhallen, ist mit genug Rotz verunziert, um nicht zum Bombast zu verkommen. Und dann ist da noch die unterhaltsam freche Schnauze von Sänger Johnny Borrell.
Im Gegensatz dazu bieten die Manics den Sound des würdigen Älterwerdens. Dankenswerterweise zeigen sie dabei keine Berührungsängste mit ihrer tiefsten Vergangenheit. Dabei kann aber schon auch mal ein Eigentor rauskommen – wie gerade jetzt, wo LI feblood fast gleichzeitig mit einer Jubiläums-Auflage von THE HOLY BIBLE veröffentlicht wurde, dem letzten Album mit dem 1995 verschwundenen Richey Edwards. Neben der widerborstigen Vitalität des letzteren nehmen sich die wohltemperierten Protestlieder von LIFEBLOOD nur noch höflich aus. So ist es auch live. James Dean Bradfield zeigt sich bei exzellenter Stimme, der Sound ist gewaltig – die Band hat sich für die Tour mit Keyboarder Nick Naysmith und Gitarrist Guy Massey zum Quintett verstärkt – und das Bühnenbild ist geradezu gediegen: wallende Vorhänge, allerhand Filmchen. Aber wahre Intensität kommt nur bei den alten und mittelalten Liedern auf- „Faster“, „You Love Us“, „Small Black Flowers That Grow In The Sky“ oder gar „Motorcycle Emptiness“. Nach ein paar Zwischenrufen stimmt Bradfield kurz das von der Band ungeliebte „Revol“ von THE HOLY BIBLE an. Bricht dann ab und sagt: „Seht ihr, doch nicht so gut. Rosarote Sonnenbrille.“ Darüber ließe sich streiten.
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