Interview

„Rammstein: Paris“-Regisseur Jonas Åkerlund: „Zum Glück ist die Show zeitlos“


Vor fünf Jahren hat Videoclip-Legende Jonas Åkerlund Rammstein in Paris gefilmt, jetzt kommt der Film für kurze Zeit in die Kinos. Hat der Schwede die Band jetzt satt?

Kann man ein Rammstein-Konzert adäquat auf die Leinwand oder den Fernseher übertragen? Natürlich nicht, Jonas Åkerlund weiß das. Und trotzdem hat er sich der Aufgabe angenommen, die Band 2012 in Paris bei zwei Konzerten mit 40 Kameras zu filmen und danach noch einzelne Handgriffe bei Proben und Soundchecks einzusammeln. Eine Mammut-Aufgabe, Rammstein-Fans sind von den Auftritten der Band verwöhnt, da muss „Rammstein: Paris“, natürlich auch etwas Besonderes werden. Der Film wird an nur drei Tagen in den Kinos zu sehen sein. Am 23., 24. und 29. März. Auf der Website des Films findet man alle Kinos, die „Rammstein: Paris“ zeigen.

Der Schwede Åkerlund, Videoclip-Legende durch Arbeiten für Iggy Pop, Lady Gaga, Madonna und Metallica, hat die Live-Show von Rammstein mit allerhand Effekten ergänzt. Sänger Till Lindemann kommt eine dämonische Zunge aus dem Mund, Zeitlupen und irre Überblendungen verwandeln die abgefilmten Stücke in einigen Momenten zu Musikvideos. Und die hat Åkerlund natürlich auch schon für Rammstein gedreht: „Mann gegen Mann“ und „Pussy“ gehen beispielsweise auf seine Kappe.

Wir haben Åkerlund in Berlin zum Gespräch getroffen, über Rammstein und den Konzertfilm gesprochen. Und versucht, ein paar Tipps für das nächste Schulkonzert der Kinder abzugreifen.

me.Movies: Die in „Rammstein: Paris“ gezeigten Konzerte fanden bereits 2012 statt. Warum kommt der Film erst jetzt?

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Das liegt an einer ganzen Reihe von Gründen. Der Schnitt war eine massive Aufgabe, wir haben früh entschieden, dass wir die gleiche Präzision haben möchten, wie bei unseren Musikvideos. Aber nun eben für die Länge einer gesamten Show. Und das dauert eben, mit all den Schnitten und Effekten. Dazu kam in der Zwischenzeit noch eine andere Doku, deshalb hat sich unser Start etwas verschoben. Zum Glück ist die Show aber zeitlos.

Sie lassen die Liveshows zeitweise wie Musikvideos aussehen. Wie kam es zur Entscheidung gegen Konzert-Purismus?

Jonas Åkerlund

Es ist unmöglich auf Film zu bannen, was die Band live macht. Das geht einfach nicht. Man kann also entweder die Eurovision-Song-Contest-Variante machen und den Auftritt einfach nur abfilmen. Oder es wie mit meinem Ansatz machen: Lasst uns das Konzert in eine andere Art von Erfahrung umwandeln. Lasst das Publikum Close-ups und Panorama-Shots sehen, alle möglichen Winkel. Und dazu jeden Trick aus dem Handbuch nutzen, um noch mehr zu zeigen, als man vor Ort sehen kann.

Wie oft waren Sie vor dem Dreh auf einem Rammstein-Konzert?

Ich war auf Rammstein-Shows, seit die Band angefangen hat. Ich habe sie in kleinen Clubs gesehen, in denen sie in Schweden aufgetreten sind. Ich habe sie also viele Male gesehen. Und für den Film musste ich die 2012 aktuelle Show mehrfach sehen, sie ganz genau studieren und schon mit nur einer Kamera mitfilmen.

Der Klassiker: Wenn man sich zu lange mit etwas beschäftigt, dann hat man irgendwann keine Lust mehr drauf. Haben Sie jetzt die Rammstein-Überdosis?

Tatsächlich geht es mir überhaupt nicht so. Ich würde sagen, dass mich dieser Film noch näher mit der Band verbunden hat. Ich war schon immer ein Fan, doch jetzt habe ich noch genauer auf ihre Lyrics geachtet. Und wurde dadurch ein größerer Fan als zuvor. Auch wenn es nicht einfach ist, mit ihnen zu arbeiten.

Warum nicht?

Es ist hart, ihren Ansprüchen gerecht zu werden. Und den Erwartungen der Fans.

Welchen Einfluss hatten die Bandmitglieder auf Ihre Arbeit als Regisseur?

Es ist ja eine Zusammenarbeit und im Grunde der Film der Band, ich bin nur als Erfüllungsgehilfe da.

Aber trotzdem hat die Band Sie ja bewusst dazugeholt.

Stimmt schon, aber jedes Bandmitglied interessiert sich bei einem solchen Projekt für verschiedene Dinge. Der eine schaut mehr auf den Soundmix, der andere interessiert sich mehr für die Farbgestaltung. Wir haben verschiedene Screenings mit der ganzen Band gehabt, da machte ich mir dann immer Notizen mit den Anmerkungen.

Wie nervig sind Zuschauer-Smartphones bei einem solchen Projekt? 

Eines davon haben wir ja für einen kleinen Effekt genutzt, aber ansonsten haben wir die Fans nicht so viel gefilmt. Wir wollten nicht zu oft von der Show weggehen, an den Smartphones lag es aber nicht. Das letzte Mal, als ich Prince gesehen habe, hat er Folgendes gemacht: Er kam vor der Show raus und hat dem Publikum erklärt, dass er keine Smartphones sehen möchte. Bei der Hälfte der Show hat er dann die Ansage gemacht, dass man während des nächstens Songs Fotos und Videos machen darf. Dann sei aber wieder Schluss. Jeder hat das respektiert, hat mir gefallen.

Die Arbeit an dem Rammstein-Film war also lang und mühsam. Lust auf einen weiteren Konzertfilm oder reicht es jetzt?

Ich habe tatsächlich schon den nächsten gedreht. 2016 habe ich ein Stadion-Konzert von Taylor Swift gefilmt.

Abschließend eine Frage zu kleineren Konzerten: Welchen Rat haben Sie an stolze Eltern, die Schulbandauftritte von ihren Kindern vernünftig filmen wollen?

Jonas Åkerlund: Glaub mir, das habe ich auch schon gemacht. Das ist nicht einfach. Für Anfänger: Benutzt nicht Eure iPhones, das sieht dann einfach nur scheiße aus. Ich glaube es ist unmöglich, man möchte ja auch nicht aufstehen und dem Publikum im Weg stehen. Also steht man dann doch wieder ganz hinten beim Filmen, das Licht ist schlecht, die Kinder schreien rum…

Also sollte man es lieber gleich lassen?

Du musst es versuchen, aber du wirst leiden, wenn du dir dann das Material anschaust.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Åkerlund!

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© Eric Broms