PJ Harvey Berlin, Museumsinsel


Sie ist freundlich zurückhaltend, auf keinen Fall so widerborstig, wie man es von ihren Platten gewohnt ist. Aber ist Polly Jean Harvey auch die geborene Festivalperformerin?

Dass sie ihren Berliner Auftritt ausgerechnet im Rahmen einer Konzertreihe auf der zentral gelegenen Museumsinsel absolviert, scheint nachvollziehbar. Dort, wo in der Hauptstadt die Kunst zu Hause ist, passt Polly bestens ins Bild. Denn trotz aller Erfolge ist sie immer noch mehr Avantgardistin denn Anhängerin exzessiver Rock-Rituale. Wenn es bei „50ft Queenie“ oder „Big Exit“ mal etwas lauter wird, sagt das an sich gar nichts. Denn selbst in Momenten der Härte gerät Polly an der Seite von Bassist Mick Harvey und Drummer Rob Ellis nie völlig aus der Fassung, geschweige denn in Ekstase. Eher scheint ihr das Ganze etwas peinlich zu sein. Ist die Gitarre einmal nicht wie gewünscht gestimmt, entschuldigt sie sich hastig auf Englisch und überlasst Mick Harvey die deutsche Übersetzung, was unfreiwillig komisch wirkt. In erster Linie geht es hier um die Songs, an denen es bekanntermaßen wenig zu bekritteln gibt. Polly lässt bei der Retro-Revue unter freiem Himmel keine Phase ihres zwölfjährigen Schaffens unberücksichtigt. Sogar ihre allererste Single „Dress“ befindet sich im Programm, die heute hervorragend mit neueren Stücken wie „Good Fortune“ oder „Place Called Home“ harmoniert. Das langsame und bluesige „I Think Im A Mother“ dagegen besticht durch jenen reduzierten Sound, der in der Rockszene momentan gefragt ist. Vor dem, was ist (etwa den Yeah Yeah Yeahs) oder noch kommt, wird sich Polly nicht verstecken müssen. Zwei unveröffentlichte Songs, das kratzige „Bite My Hair“ und das eingängige „Shame“, bestätigen ihr bisheriges Niveau. Einziger Wermutstropfen: Im intimen Rahmen einer überschaubaren Halle wäre sie einfach besser aufgehoben.