Peter Licht Hamburg, Große Freiheit


Der gesichtslose Cleversänger braucht beim Reeperbahn- Festival einen kleinen Anlauf, um zu begeistern.

140 Bands in drei Tagen zu sehen, versucht beim Reeperbahn-Festival ernsthaft niemand. Aber den einen wollen sich viele angucken. Den, der sein Gesicht sonst stets versteckt. Um Punkt 21 Uhr nimmt die Kunstfigur PeterLicht ihre Arbeit auf. Keine Fanfare kündigt ihn an. Welcher ist es? Harmlos soll er aussehen, hatte man gelesen. Und ja: PeterLicht, um die3O, würde nie Aufsehen erregen, stünde er nicht auf einer Bühne: schmal, blass, bebrillt, dünnes Haar, Slacker-Klamotte. Er fängt schon mal gut an. Mit einem im Stakkatovorgetragenen Text über Dinge, die helfen sollen -wobei, soll sich jeder selbst zusammenreimen. Danach läuft einiges schief: Mit „Beipflichten“, der Mitsing-Nummer aus Melancholie und Gesellschaft. Es ist zu früh, keiner singt ja schon beim ersten Lied mit, außer Verzweifelten. Lied zwei, die Single „Alles, was du siehst, gehört dir“. Der Sound ist grottig. Licht klingt entweder zu leise oder schief. Die Texte sind nicht zu verstehen. Die Band hört sich an wie Schüler. Man hatte das befürchtet: Dass die Qualität der Texte, das Filigrane, Verschraubte, Nachdenkenswerte zum Preis von musikalischer Beliebigkeit erkauft ist.

Dann, nach 15 Minuten, geschieht etwas, nur ein kurzer Augenblick: Licht rappt sich gerade schlechter als Beck durch die erste Strophe von „Safarinachmittag“ und springt dazu ungelenker als Adam Green über die Bühne. Es ist das entwaffnende Bild des Dilettanten in offensiver Umarmung des eigenen Unvermögens. Danach ist der Knoten geplatzt. Alle singen laut mit über die Sonne, die gelbe Sau, die auch nur mit Wasser kocht, schwenken die Arme zum Untergang des Kapitalismus, freuen sich übers gelungene „Marketing“. Licht hat gewonnen und weißes. Seine Stimme hat die Brüchigkeit verloren, er singt jetzt bestimmt vom absoluten Glück und einer leuchtenden Zeit. Sein Stil sei die Euphorie, hat er einmal gesagt. Und ganz unironisch von Erbauung gesprochen. Heute gibt es keine Feinde mehr.

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»>albumkritik me 9/08