„No Nukes“-Show der Stars
"For a non-nuclear future" hieß der Slogan für das MUSE (Musicians United For Safe Energie-Rockfestival vom 19. bis 23. September 1979 in New York. Nach dem Dreifachalbum NO NUKES hier jetzt auch ab Film zweieinhalb Jahre danach.
In erster Linie ist „No Nukes“ natürlich ein Musikfilm, dennoch ist er filmisch und inhaltlich kaum vergleichbar etwa mit „The Last Waltz“. Er will den Eindruck einer Dokumentation vermitteln, bringt neben Live-Musik und Backstage-Szenen Interviews/Statements mit/von Musikern und Publikum, die MUSE stellt ihre Probleme dar, das abschließende Open-Air-Konzert im Battery Park zu organisieren.
Die Musik. „The River“, „Thunder Road“ und irgend’n Rock’n’Roll von Bruce Springsteen (gefällt sicher vielen, mir nicht) kennt man ebenso aus dem Rockpalast wie Jackson Brownes „Running On Empty“, das einzig wirklich fesselnde Stück des Films. Pluspunkte an Jacksons „After The Deluge“ und nur noch bedingt an Bonnie Raitt, Gil Scott-Heron, „Talkin‘ It To The Streets“ von den Doobie Bros, plus Gesang aller Beteiligten und Jesse Colin Young mit Jackson beim Open Air. „Stay“ von Springsteen und Jackson fehlt im Film wie Tom Petty und Ry Cooder (alle auf der Platte). Stattdessen verunzieren James Taylor und Carly Simon, die so gut losgehen wie Cindy & Bert, öfter als genug die Leinwand Die Doobies sind sich nicht zu schade als Suppenkasper und sind ansonsten fast so tot wie die „Reunion“ von Crosby, Stills & Nash. Wem bei „Suite: Judy Blue Eyes“ der alten Kokssniffergarde oder Nashs „Our House“ noch einer abgeht … Peinliches Armutszeugnis. Kein zusätzlicher Reiz des Films? Na schön, wer will, kann Bekanntheiten wie Nicolette Larsen, Waddy Wachtel oder David Lindley beim Musizieren zusehen.
Aber wie war das mit dem politischen Anspruch? Das (Film-) Publikum soll schließlich um die Gefahren von Atomkraft und Nuklearwaffen wissen. Stars und Politik – die Mischung überzeugt allerdings auch hier kaum. (Ausnahmen: Jackson Browne und Gil Scott-Heron.) Graham Nash berichtet: „A Iso von meinem Haus aus, wenn ich durchs Küchenfenster gucke, dann kann ich genau die Stelle sehen, wo sie diese Fässer im Meer versenkt haben. Da hob ich diesen Song hier geschrieben.“ Gil Scott-Heron: , Wir hatten vor einigen Jahren in Detroit einen atomaren Zwischenfall. Die Stadt ist ganz knapp an der Katastrophe vorbeigegangen.“ Sein Stück heißt „We Almost Lost Detroit“.
Realitätsfeme hier, Engagement dort. Sicher, Joy Rider singt „No Nukes“, aber daß man ihre Brustwarzen sieht, scheint ihr genauso wichtig. Über Harrisburg wird geredet. Wichtig zwar, aber bekannt und alt. Die Zuschauer: .Ich will Jackson sehen, hoffentlich wird es gut“ und „Hey, yeah, Springsteen, so geil!“ und nicht: „Springsteen, yeah, gut daß er sich gegen Atomkraft engagiert!“ Weil er es auch nicht tut. Er zieht nur seine Show ab. Das naive „Da muß man doch was gegen tun!“ von Taylor, C, S & N ist da immer noch ehrlicher. Der Film ist für die Amis, die freuen sich über viel Show und ein bißchen Information, über eine immer engagierte und immer gut geschminkte Jane Fonda, über happiness und sunshine (der beim Open Air besungen wird).
Das Publikum im Madison Square Garden sah einen Film (auch Bestandteil des Kinofilms), der weitgehend aus Szenen der Filmdokumentation „Paul Jacobs und die Atombande“ zusammengestellt wurde. Paul Jacobs weist darin nach, daß Soldaten bei Atombombenversuchen in den Wüsten von Nevada in unmittelbare Nahe des Explosionszentrums befohlen wurden – ohne Schutz. Genauso wurde eine Kleinstadt absichtlich dem radioaktiven fall-out ausgesetzt – um die Schädlichkeit zu prüfen. Ein Großteil der Soldaten und der Zivilbevölkerung erkrankte und starb später an Krebs, wie Paul Jacobs selbst. Wer die Chance hat, sehe sich diesen Film unbedingt an!