Newcomer*innen-Hotlist 2021: Selbstverständlich anders
Popmusik wird immer diverser. Was man seit Jahren merkt, wird besonders beim Blick auf die neuen und jungen Künstler*innen immer offensichtlicher.
Popmusik wird immer diverser. Was man seit Jahren merkt, wird besonders beim Blick auf die neuen und jungen Künstler*innen immer offensichtlicher. Die um 2000 geborene Generation, die auf diesen Seiten versammelt ist, performt vieles, wofür die Millennials (und die vor ihnen) gekämpft haben, immer selbstverständlicher.
Wagen wir mal die große, optimistische Hypothese: Vielleicht wird man über den folgenden Text gerührt grinsen, wenn man ihn in zwanzig Jahren in der Schublade findet. Denn schon im Jahr 2021 klingt es ja fast albern, die neue Diversität in der Popmusik noch einmal explizit zu betonen. Klar, eine Spielwiese für Identitäten abseits der Norm ist Popkultur schon immer gewesen. Die Zehnerjahre aber waren eine Dekade des Übergangs, deren freien Geist selbst die größten Betonköpfe schwer zurück in die Flasche kriegen: Was früher in den geschützten Räumen der Subkulturen passierte oder von Einzelkämpfer*innen erfochten wurde, findet nun vermehrt im Mainstream statt.
Nach Frauen, nicht-binären und Künstler*innen of Color für Bestenlisten muss man heute nicht mehr lang suchen
Lizzo ist mit ihrer stolzen „Body Positivity“ erfolgreich. Beyoncé ist dank ihrer Kunst, die vor Referenzen auf die Schwarze Musik- und Widerstandsgeschichte schier birst, einer der größten lebenden Popstars. Und selbst der Country, eine der letzten Bastionen der Traditionalist*innen, wurde von Lil Nas X erfolgreich verqueert. Nach Frauen, nicht-binären und Künstler*innen of Color für Bestenlisten muss man heute nicht mehr lang suchen: Kein Weg führt an ihnen vorbei, wenn man es ernst meint mit der Gegenwartsbespiegelung.
Was für die Millennials, deren Stars die Nuller- und Zehnerjahre prägten, teils noch mit Kämpfen einherging, ist für die nachfolgende Generation Z selbstverständlich geworden. So leichthändig, wie in Un-Genres wie Hyperpop trennscharfe Musikrichtungsbegriffe aufgelöst werden, spielen Künstler*innen wie Shygirl oder King Princess (ME-Hotlist 2020) mit Geschlechtsidentitäten. Und Megastars wie Billie Eilish oder die K-Pop-Band BTS kultivieren eine queere Ästhetik, die vor zehn Jahren noch als Avantgarde galt.
Dennoch läutet der digitale Zugang zu Feminismus, Antirassismus und Queerness noch nicht das Ende des Patriarchats ein
Dazu kommt, dass Hypes heute oft Graswurzelbewegungen sind. Junge Fans können Trends oft wirkungsvoller lenken als A&RManager*innen. Die Plattform TikTok verschaffte etwa Künstler*innen wie Doja Cat oder Cookiee Kawaii virale Hits. Dass die junge, im Internet aufgewachsene Generation einen so selbstverständlichen Zugang zu Feminismus, Antirassismus und Queerness hat, läutet natürlich noch nicht das Ende des Patriarchats ein: Ohne Mühen und Quoten geht es nach wie vor nicht, wenn man etwa erreichen möchte, dass Artists wie Park Hye Jin oder P4rkr nicht nur die Netzkultur prägen – sondern auch die Festivalbühnen bespielen. Aber vielleicht lesen sich in 20 Jahren ja auch die Festivalplakate mit den homogenen Männerband-Line-ups ähnlich wie dieser Text jetzt schon: irgendwie aus der Zeit gefallen.