Motzen im hohen Norden
Es gibt sie noch, die gute alte Bruderliebe. Zum Beispiel bei The Cribs, einer Band, die ausschließlich aus den Geschwistern Ryan (voc, g), Gary (voc, b) und Ross Jarman (dr) besteht. Die drei Jungs haben sowieso schon immer zusammen unter einem Dach gelebt, da dachten sie sich, sie könnten es wohl auch noch in Hotels und Tourbussen miteinander aushalten.
„Es hat den Vorteil, daß man keine Geheimnisse voreinander hat, weil man sich gilt genug kennt. Das allein erspart eine Menge Ärger“, findet Ryan. So richtig ausgezahlt hatte sich der innere Frieden im Familienunternehmen The Cribs bisher allerdings noch nicht. Ihr selbstbetiteltes Debütalbum klang etwas sehr nach einem britischen Aufguß der Strokes. „In der Indie-Szene kam das ganz gut an, und die war eigentlich unser erster Adressat. Wir hatten nie vor, eine Million Platten zu verkaufen. Andererseits hat es schon ein wenig genervt, mitansehen zu müssen, wie bescheuerten Bands, etwa The Killers, übermäßig hohe Aufmerksamkeit entgegen gebracht wurde“, erinnert sich Gary.
Alles mußte besser werden, wollte man den Anschluß an die derzeitige britische Aufbruchsstimmung nicht verlieren. Da muß sich die Band nun aber keine Sorgen mehr machen. Mit der Single „Hey Scenesters!“ erreichten The Cribs vor kurzem zum ersten Mal eine Plazierung in den britischen Top 40. Bemerkenswert ist der Song vor allem wegen seines Inhalts. Mit einem schlachtrufartigen Refrain macht sich das Trio über Kollegen lustig, die sich auf Gedeih und Verderb bei Plattenfirmen einschleimen wollen und auf jeder Party herumhüpfen, um „dabeizusein“. „Wenn man sich als Teil einer Szene versteht, ruiniert das mit Sicherheit die Musik. Man ist dann nur noch damit beschäftigt, andere Leute zu beeindrucken, anstatt etwas fiir die eigene Kreativität zu tun. Wir haben das selbst erlebt, als wir mit Bands spielten, die alle wie The Libertines klingen. Ich habe da nur verwässerten Modescheiß erkannt und sonst nichts“, urteilt Ryan. Er hat gut lästern, schließlich kommen die Jarmans nicht aus London, sondern aus Wakefield im rauhen Norden Englands. Dort läßt es sich geruhsam arbeiten.
Trotzdem zieht es freilich auch The Cribs manchmal zu Aufnahmezwecken in die Hauptstadt. Ihr neues Album The New Fellas entstand in den Studios von Edwyn Collins, der sich immer mehr zum Förderer der Rockjugend aufschwingt. Erst schnappte er sich Little Barrie und Hai, nun die Cribs. „Er hat uns ein paar gute Ratschläge gegeben. Etwa den, daß es uns nicht peinlich sein muß, als lndieband eine gute Aufnahmequalität anzustreben.Er hat uns unser Potential vor Augen geführt.“ Also Szenegänger, aufgepaßt! Die Brüder sind gerüstet. www.thecribs.com