Monster Magnet: Bis zum Anschlag


Abgebrochene Auftritte, brutale Gitarren, explodierende Köpfe und LSD - für Dave Wyndorf & Co. ist der Rock'n'Roll ein einziger Rausch.

In der großen Halle der S.I.R. Studios in Manhattan ist es so düster, daß man nur mit Müh und Not die Plastiktonnen mit dem Bier entdeckt, die nette Menschen von der Plattenfirma dort vorsorglich deponiert haben. Die Bühne gleicht dem Altar eines außerirdischen Kultes: Kerzen flackern im Vordergrund, während hinter einem spärlichen Drumkit und einem klassischen 70er Jahre ‚Orange‘-Verstärker Lavalampen und psychedelische Bubblebilder pulsieren. Bis auf das gedämpfte Gemurmel der 150 Gäste ist es ruhig. Dann bricht das Inferno los: Monster Magnet stellen ihr neues Album ‚Dopes To Infinity‘ vor. Auf der Videoleinwand zertrümmerte Schädel und Explosionen, während Dave Wyndorf, Ed Mundell, Joe Calandra und Jon Kleinman ihre Instrumente bis kurz vor die Schallmauer prügeln. Nach knapp 30 Minuten, gerade also zu dem Zeitpunkt, als Wyndorf seine Gitarre mit einem Trockenrasierer malträtiert, weiß man endlich, warum Monster Magnet immer wieder mit Hawkwind verglichen wird: Ihre Show ist ein lauter, schrecklich realistischer LSD25-Trip, so faszinierend und verwirrend, als ob man plötzlich Teil der Discoszene aus Don Siegels Filmklassiker ‚Coogans Bluff geworden wäre. Doch zehn Minuten später wird man leider enttäuscht. Denn anstatt wie Hawkwind weitere sieben Stunden zu trippen, brechen Monster Magnet ihr Showcase ab und verschwinden.

„Wir mußten da raus“, erklärt ein sichtlich verkaterter Dave Wyndorf am nächsten Tag. „Ein Konzert vor den Typen der Plattenfirma war uns zu schräg.“ Doch das gehört nun mal zum Business, genauso wie Interviewtermine, und Wyndorf ist Geschäftsmann genug, um das zu verstehen. Deshalb wird er auch in der folgenden Stunde nicht müde, trotz eines Schädels, der kaum durch die Tür gepaßt hatte, über das neue Album und die Band zu sprechen. „‚Dopes To Infinity‘ ist viel gefühlvoller und glatter. Für ‚Dopes…‘ verbrachten wir zweieinhalb Monate im Studio, die Vorgänger nahmen wir in maximal zwei Wochen auf. Dieses ist weicher, bis auf den ultraharten Song „3rd Alternative“. Wir haben die letzten drei Jahre genug geschrien und getobt, deshalb waren wir diesmal etwas weniger wild.“ Wyndorf und seine Bande tobten, seit Dave mit 16 die Schule verließ. „Wir klinkten Unmengen von LSD,“ erinnert sich Wyndorf, „rasten durch die Vororte von New Jersey und terrorisierten Leute in Einkaufszentren. Lange Haare und Aufkleber auf der Stoßstange bedeuten eben nicht immer, daß man ein friedliebender Hippie ist.“ 1989 jammte der ehemalige Comic-Verkäufer dann mit einem wechselnden Kreis von neun gleichgesinnten Gesellschaftsausfällen unter Bandnamen wie ‚Nipple Tank‘, ‚Acid Reich‘ und ‚Airport 75‘.Die Welt änderte sich, als Wyndorf und der Nukleus der Neunerbande, Monster Magnet, 1991 zum ersten Mal tourten. „Auf einmal war alles noch viel wahnsinniger. Wir waren entwurzelt, schliefen nie zweimal im gleichen Bett. Dazu schlechtes Essen, und pro Jahr 5.000 fremde Menschen, mit denen man konfrontiert wurde. Man hätte sich hundertmal verlieben können, aber mußte am nächsten Tag bereits weiter.“ Wenigstens eins blieb den Jersey-Jungs auch fern der Heimat: Drogen. „Drogen gehören nun mal dazu“, ist sich Wyndorf sicher. „Klar, es gibt Bands, die täglich ins Gym gehen und absolut clean sind. Aber die bekämpfen ein Grundelement des Rock & Rolls, das genauso wichtig ist, wie Gitarren und Noten.“ Der alltägliche Tournee-Wahnsinn wurde zum bestimmenden Element in Wyndorfs Kompositionen. „Es ist unglaublich, was wir unterwegs erlebten. In Belgien gab man uns beim Soundcheck LSD, und pünktlich zur Showtime fing ich an zu trippen. Wir verpaßten fast unseren Auftritt. Wir standen in der Menge, vollkommen dicht, und brüllten nach der Band. Bis uns jemand aufklärte, daß wir die Musiker sind…“