Metallica & The San Francisco Symphony
„KEINE ANGST, METALLICA WIRD NICHT ZU EASY listening.“ So beruhigte Michael Kamen, der Initiator und Orchestrator dieses abenteuerlichen Zusammenschlusses besorgte Freunde der kalifornischen Proto-Metaller. Die San Francisco Symphony, Kamens 78köpfiges Orchester, werde „sttaighten. kräftigen Metallica-Sound spielen“. Geigen, Fagotte, Harfe? Die Fans, die das Berkeley-Theater füllen, sind noch skeptisch. Unsicher rutschen sie in den roten Plüschsitzen hin und her. War der Einlaß doch schon verwirrend genug für einen Metal-Act: durch elegante Schwingtüren, über ein glanzvolles Foyer, an einem Programmverteiler vorbei hin zum in Erdtönen gehaltenen Konzertsaal, wo höfliche Hostessen zu den Sitzplätzen geleiteten. Zweifel an dem Experiment plagen offenbar auch Metallica selbst: „Wir erlauben uns heute Abend einen Spaß“, verkündet James Hetfield von der Bühne, „ihr dürft das nicht zu ernst nehmen.“
Doch die Fans nehmen es ernst. Und werden auch diesmal nicht enttäuscht. Metallica bleiben so kompromißlos wie immer, da hat auch der Purist keinen Grund zum Maulen: Dem instrumentalen Opener „The Ecstasy of Gold“ aus dem Spaghettiwestern „The Good, the Bad and the Ugly“, gefolgt von „Call of Ktulu“ – lauschen die Fans noch in ihren weichen Sitzen. Dann wird derbe losgerockt. Die ersten Akkorde von „Master Of Puppets“ reißen das Publikum aus den Sitzen. 3.500 Kehlen johlen auf, hunderte Fäuste prügeln die Luft. Strobolicht, in die Notenständer der Orchestermusiker eingebaute (!) wild blitzende Neonröhren und eine flackernde Leinwand geben den visuellen Startschuß. „Of Wolf And Man“, „Fuel“, „The Memory Remains“, „Hero Of The Day“ – im Getöse aus geballten Gitarren, Ulrichs Wuchterei am Schlagzeug und dem Brüllen von Hetfield gehen Michael Kamens Arrangements nahezu unter. Mit lamentierenden Streichern, schreienden Posaunen und bollernden Pauken setzen sich die Kammermusiker wacker zur Wehr – und haben zunächst kaum eine Chance. Doch bisweilen spielen Metalliker und Symphoniker auch miteinander: dann flechten sie in furiosen Crescendi und breitwandig angelegten Songintros an einem Strang, an dem dann auch mal gemeinsam gezogen wird. Nach zweieinhalb Stunden, zwei neuen Songs („No Leaf Cover“ und das explosive „Human“) und zwei Zugaben stehen die Helden des Abends dann nebeneinander auf der Bühne: Hetfield, Hammett, Newsted, Ulrich und ein verschmitzt lächelnder Michael Kamen – mit Vollbart und einer Mähne, wie seine Bühnenbrüder früher. Der Komponist und Arrangeur, dessen Kundenliste sich wie das Who is Who des Rock ’n‘ Roll liest, schreitet zum Mikrophon und sagt nur: „Metallica“. Bedingungslose Kapitulation. Der Rock hat der Klassik heute seinen Willen aufgezwungen.