Majan im Interview: „Auch nach dem Tod bleibst du durch die Musik lebendig“
Erst seit zwei Jahren ist Majan Teil des Deutschrap-Games und doch hat er bereits große Erfolge erzielt. Angefangen hat es mit dem Verschicken seines Demos zu „1975“ an Cro, dem prompt klar war: Das wird der nächste Sommerhit. Seitdem arbeitet der 21-Jährige an eigenen Projekten. Wir sprachen mit Majan über seine Leidenschaft zur Musik, den Entstehungsprozess von Songs und sein kommendes Album SKITS.
Mit dem 2019 erschienenen Track „1975“ erzielten Majan und Cro über 2,6 Millionen Aufrufe auf YouTube und eine Platzierung in den deutschen Charts. Auch danach wurde es nicht ruhiger um den Deutschrapper Majan: Er veröffentlichte bisher zwanzig Songs, in denen er offen seine schwachen Momente Revue passieren lässt und verschiedene Emotionen anspricht. Nun kündigte der Rapper aus Schorndorf bei Stuttgart sein Debütalbum SKITS für den 16. Juli an und releaste daraus bereits drei Singles: „Jede Nacht“, „Dead or Alive“ und „Deine Haut / gone“.
Wir trafen uns mit Majan zum Interview und sprachen über seine Definition der Liebe, sein Album SKITS und seine neue Single „Gin & Juice“, die am 02. Juli erscheinen wird.
Musikexpress.de: Mit Deiner dritten Single-Auskopplung „Dead or Alive“ feat. Clueso hast Du einen Liebesbrief an die Musik verfasst. Wie fandest Du zu dieser Leidenschaft?
Majan: Musik ist etwas, in das man reinwächst. Eines Tages stellt man fest, dass sie einem nicht nur generell sehr viel gibt, sondern auch in verschiedenen Situationen helfen kann – wenn man zum Beispiel Stress hat und der erste Weg ans Klavier geht, aber auch wenn man mit Freunden einen schönen Moment erlebt und im Hintergrund das perfekte Lied läuft. Die Leidenschaft entsteht, wenn du dich im Studio zuhause fühlst und merkst, dass du angekommen bist.
Was hat Dich zu dem Song „Dead or Alive“ inspiriert?
Majan: Wir haben bei dem Song zuerst den Beat kreiert und direkt gemerkt, dass man mit diesem Lied etwas mitteilen muss. Also haben Clueso und ich gemeinsam die Hook geschrieben. Und auch wenn sich unsere Karrieren an unterschiedlichen Punkten befinden – Clueso ist schon seit 20 Jahren dabei, ich seit zwei –, gibt es doch sehr viele Parallelen, die uns verbinden. Das spiegelt der Song wider, denn auch nach dem Tod bleibst du durch die geteilte Musik lebendig und anwesend.
Video: Majan ft. Clueso – „Dead or Alive“
Du hast mal erklärt, dass Du Songtexte manchmal in Blöcken verfasst, die Du am Ende zusammenfügst. Wie kann man sich das vorstellen?
Majan: Ich mache das nicht mit jedem Song, aber ich hatte das vor kurzem mal wieder. Da habe ich mir irgendwann mal eine Hook überlegt und zwei Jahre später einen Track gehabt, bei dem ich nicht mehr weiterkam. Also habe ich die beiden Parts auf einem Beat zusammengesetzt, weil sie sich gut ergänzt haben. Es ist öfter so, dass die Textblöcke aus verschiedenen Zeiten und Stimmungen entstehen, aber ähnliche Themen behandeln.
Ist es schon mal vorgekommen, dass sich der Songinhalt dadurch verändert hat?
Majan: Ja, bei „Tag ein Tag aus“ war es der Fall. Ursprünglich war der Song melancholisch und sollte die Situationen wiedergeben, in denen dir deine Freunde und Familie wiederholt sagen, dass du nicht in den Tag hineinleben solltest, sondern stattdessen dein Können ausschöpfen. Aber dann haben wir diesen geilen, poppigen Kilian & Jo-Beat für das Lied verwendet und auf einmal war es eher ein Feel-Good-Sommertrack.
Was wolltest Du mit Deiner ersten Single-Auskopplung „Jede Nacht“ aussagen?
Majan: Ich rappe darüber, dass man permanent auf der Suche nach etwas ist und es nachts beim Rausgehen oder Feiern versucht zu finden. Der Song beschreibt dabei ein wenig die Zeit als ich 2019 anfing Songs zu releasen. Die Hook entstand im Sommer, als ich zum ersten Mal live gespielt habe, neue Erfahrungen sammelte und weg von Zuhause war. Plötzlich sieht man seine Freunde nicht mehr, mit denen man die ganze Schulzeit verbracht hat und entfernt sich dadurch ein wenig. Ich hatte das Gefühl, ich habe den Anschluss verloren, weil ich aus einer ganz anderen Welt zurück nach Hause kam.
Also beziehst Du Dich in diesem Song auf Freundschaften?
Majan: Natürlich ist da auch eine Liebesgeschichte eingearbeitet, man kann es zumindest hineininterpretieren. Auch eine Beziehung ist als Musiker schwer zu führen, weil Events oft spontan entstehen, man weg muss und nicht genau weiß, wann man wiederkommen wird. Das ist etwas, das ich vorher gar nicht kannte. Ich war eigentlich immer jemand, mit dem man planen konnte und der anwesend war.
Musikexpress.de: Du rappst oft über verschiedene Arten der Liebe oder deren Verlust. Was bedeutet Liebe für Dich?
Majan: Liebe ist eine Macht und eine Motivation. Etwas, das man sucht und was gleichzeitig überall ist. Es ist einfach das Größte, auch wenn ich nicht die ganze Zeit vor Liebe schäume, aber es ist etwas Elementares, wonach jeder strebt. Im Idealfall ist es Glück, aber es ist auch gar nicht automatisch an eine Beziehung gekoppelt. Ich kann das nur vage beschreiben, vielleicht habe ich da noch nicht meine endgültige Antwort gefunden.
In der Pressemitteilung steht, dass Du seit der Veröffentlichung Deiner EPs erwachsener und reflektierter geworden bist.
Majan: Das entsteht auf natürlichem Wege. Man wird älter und sammelt immer mehr Erfahrungen im Berufsfeld. Ich habe in den letzten Jahren viel für mich gelernt, hatte meine Hoch- und Tiefphasen und das macht etwas mit einem. Außerdem gibt es da auch noch diese Theorie, dass sich die Zellen alle sieben Jahre komplett erneuern, wodurch es zu einem Umbruch kommt. Erst bist du sieben, dann 14 und dann wirst du so langsam erwachsen und bist irgendwann mal 21.
Finden sich diese Höhen und Tiefen auch musikalisch in Deinem Debütalbum wieder?
Majan: Ja, auf jeden Fall! Ich habe mir das Album auch so vorgestellt, dass es in tiefster Nacht startet, wo alles eklig und schlecht ist. Du hast diese Selbstzweifel. Doch dann, gegen Ende, wird es offener und du realisierst, dass alles eigentlich schön ist und du großes Glück hast.
Wie sind Live-Auftritte für Dich, wenn Du auf der Bühne Deine Songs performen musst, die eigentlich intime und emotionale Momente thematisieren?
Majan: Live aufzutreten ist das Größte für mich! Da kommt alles zusammen und man spürt, was man geschafft hat. Gerade weil ich in meinem Alltag selten damit konfrontiert werde, dass ich Musik mache. Aber auf der Bühne ist es anders, dabei denke ich gar nicht, dass ich viel von mir preisgebe. Es ist nur manchmal unangenehm für mich, wenn Freunde meine Lieder anmachen und auch viele Leute anwesend sind, die ich gar nicht kenne. Meist passt das auch nicht zur Stimmung, wenn „Es geht mir gut“ oder „Ich hasse dich“ im Hintergrund läuft und ich darin meinen Herzschmerz rausschreie, obwohl ich eigentlich einfach eine gute Zeit haben will.
Wie würdest Du Dein Album SKITS beschreiben?
Majan: Es ist sehr persönlich und beinhaltet viel, das von der Seele geschrieben ist. Ich bin über die vergangenen zwei Jahre mit den Songs zusammengewachsen und habe mittlerweile auch viel mit ihnen erlebt. Besonders letztes Jahr war ich sehr glücklich mit der Musik und habe durch sie gemerkt, dass ich besser geworden bin, was wirklich schön ist. Ich bin sehr stolz darauf!
Welche Bedeutung steckt hinter dem Albumtitel SKITS?
Majan: Ich habe lange herum überlegt und eigentlich ist der Titel der Entstehungsgeschichte geschuldet. Die meisten Songs hatte ich anfänglich als Skizzen und Sprachnachrichten auf meinem Handy gespeichert, wodurch sie wie kleine Interludes klangen. Somit war jeder Song ursprünglich ein kleiner Skit.
Bist Du mit dem selben Verfahren auch an Dein Albumcover gegangen?
Majan: An dem Albumcover habe ich zusammen mit einem guten Freund gearbeitet, der auch aus Schorndorf kommt. Die Idee dahinter war, dass man nach einer schönen Nacht seine Hosentaschen ausleert und viele Kleinigkeiten wie ein paar Polaroids und Kleingeld dabei entdeckt. Die Nacht und der Tag spielen eine große Rolle für mich. In der Nacht aber bin ich am aktivsten.
Hört hier Majans Songs „Dead or Alive“ und „Jede Nacht“ im Stream: