Lizzo live in Berlin: Glitzer, Glamour – und eine Prise Rammstein
Die Sängerin legt in der Mercedes-Benz-Arena eine Show voller Selbstliebe-Mantras, glitzernden Outfits und 70s-Vibe hin. Das ist zwar sehr amerikanisch und manchmal kitischig, bringt aber wahnsinnig viel Spaß.
Steile These: Es ist unmöglich, ein Lizzo-Konzert mit schlechter Laune zu verlassen. Als die Sängerin zu Beginn ihrer Show in der Berliner Mercedes-Benz-Arena durch ein Loch auf die Bühne hochgefahren wird, strahlt sie das Publikum an, so als begrüße sie gerade alte Freund:innen, die sie seit Jahren nicht gesehen hat.
Umso passender, dass sie das Konzert mit dem Song „The Sign“ beginnt: „Hi, motherfucker, did you miss me? / I’ve been home since 2020 / I’ve been twerkin‘ and making smoothies, it’s called healing /And I feel better since you seen me last“, singt sie und zwinkert in die Menge. Sie trägt einen eng anliegenden neongelben Glitzer-Bodysuit, ihre Augenlider zieren rote Punkte. Outfit und Make-Up sitzen perfekt. Als sie daraufhin ihre jüngste Single „2 Be Loved“ spielt, tanzt der ganze Saal.
Lizzo predigt intersektionalen Feminismus und Body Positivity in allem, was sie tut
Zwei Stunden lang spielt die vierfache Grammy-Gewinnerin eine Mischung aus all ihren Hits, darunter „Good As Hell“, „Juice“, „Cuz I Love You“, „About Damn Time“ und „Truth Hurts“. Wie man es von Lizzo – die gebürtig Melissa Jefferson heißt – kennt, überlässt sie es nicht nur ihren Songtexten, für mehr Selbstliebe zu plädieren: An einer Stelle der Show fordert sie alle im Publikum dazu auf, die Augen zu schließen und das Mantra „Ich liebe dich, du bist wunderschön und du kannst alles schaffen“ mit ihr zu wiederholen. Zu einem anderen Zeitpunkt geht sie die Ränge der Arena durch und spricht jeweils einen Fan persönlich an, der ihr die meiste Energie zurückspiegelt – einen jungen Mann in der ersten Reihe fordert sie sogar auf, eine kleine Twerk-Einlage zu geben.
Lizzo predigt intersektionalen Feminismus und Body Positivity in allem, was sie tut. Das zeigt sich auch bei ihrer Begleitung auf der Bühne: Nicht nur ihre Band, auch die Background-Sängerinnen und unzähligen Tänzerinnen sind ausschließlich junge Schwarze Frauen jeder Körperform und -größe. „Where my big girls at?“, ruft Lizzo an einer Stelle der Show ins Publikum. Alle kreischen. „And where is my wonderful LGBTQI+ Community?“ Die Menge tobt. Später schlägt sie kurz ernstere Töne an. „Ich hatte heute ein wenig Zeit und hab eine Tour durch eure schöne Stadt gemacht,“ erzählt sie. „Ich hab viel gelernt. Es gab Einiges, das ich nicht wusste. Wenn eine Stadt weiß, wie schrecklich Teilung und Spaltung sein kann, dann bist du es, Berlin.“
Es geht darum, unverfälscht du selbst zu sein, ohne deine Existenz zu rechtfertigen
Der interessanteste Moment des Abends war jedoch, als Lizzo aus dem Nichts „Du hast“ von Rammstein anstimmte, inklusive einer roten Laser- und Lichtshow und imitierter Till-Lindemann-Stimme. Die kurze Showeinlage rief nicht nur Jubel und Gelächter unter ihren Fans hervor, sondern bestätigte auch wieder einmal eines von Lizzos größten Talenten – sich selbst nicht immer ganz so ernst zu nehmen. Genau das ist es auch, was Lizzos mal souliger, mal hip-hop-anmutender Disco-Pop von anderer Musik des aktuellen Zeitgeist unterscheidet: Es geht darum, unverfälscht du selbst zu sein, ohne deinen Körper, deine Seele, deine Existenz rechtfertigen zu müssen. Das ist in der Umsetzung zwar teilweise sehr amerikanisch und manchmal sogar etwas kitschig – aber vor allem bringt es einfach Spaß.