Kuschelige Tipps für deinen Herbst – Paulas Popwoche
… ab vor die Glotze mit „Rain Dogs”. Außerdem geht's um Lizzo und Post Malone. Schaltet ein!
Der Herbst ist daaa! Wir machen es uns gemütlich mit unseren Kakaos, Chai Lattes, Espresso-Martinis, wir haben Wacken verpasst, wir trauern um Sinéad O’Connor und Angus Cloud, wir hören “August” von Taylor Swift.
„Rain Dogs”
Der erste Serientipp, den ich für euch habe, ist auch der dringendste, weil der beste. Die Schauspieler! Die Geschichte! Die Beziehungen! Die Themen! Der Humor! Ich würde sogar sagen, es ist eine der besten Serien, die ich je gesehen habe. Es geht um eine alleinerziehende Mutter namens Costello, die sich mit ihrer Tochter Iris und ihrem besten Freund Selby durchs Leben schlägt. Costello und Iris verlieren immer wieder ihre Bleiben, weil sie zu arm sind und kommen nirgends zur Ruhe. Selby könnte ihnen helfen, weil er relativ wohlhabend ist, aber er ist zu traumatisiert und destruktiv. Zunächst ist er im Knast, dann macht er das Zusammenleben, das die drei irgendwann versuchen, unerträglich. Costello leistet dazu auch ihren Beitrag, die beiden verstricken sich in einem Kampf. Diese, man könnte es oberflächlich als toxisch bezeichnen, Freundschaft zwischen Costello und Selby ist eine großartige Beziehungserzählungen, weil sie so vielschichtig ist, weil sie Respekt beiden gegenüber zeigt und weil sie die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umstände unter denen Beziehungen bestehen müssen, nicht außer Acht lässt. Die Serie ist deshalb vor allem auch eine Serie über die Abhängigkeiten armer Frauen und Kinder, über Gentrifizierung und über Aufstiegsmythen.
“German Genius”
Man hat wirklich Schwierigkeiten, zu erklären, worum es hier geht, aber es ist überraschend gut! Köstlich sogar! Im Grunde ist es eine Satire auf die deutsche Filmbranche, in deren Zentrum Kida Ramadan steht, der innerhalb der Serie versucht, eine deutsche Serie zu verwirklichen. Überraschend uneitel machen da einige Größen mit, so zum Beispiel Detlev Buck, Tom Schilling, Frederick Lau, Katrin Bauerfeind, Heike Makatsch, Maria Furtwängler, Wim Wenders, Olli Schulz, Leander Haussmann und ganz viele, von denen man die Namen eh wieder nicht kennt.
„MTV Family Legacy”
Ähnlich branchenintern ist das hier:
„Family Legacy” ist das wholesomeste was es für einen Sonntagnachmittag geben kann. Kinder von MTV-Stars schauen sich alte Auftritte ihrer Eltern an und sprechen darüber. So erfährt man, dass der Sohn von Chester Bennington ein süßes Herzchen geworden ist und sieht, wie der Sohn von Backstreet-Boys-Brian bei “I’ll never break your heart” heult.
„Single Drunk Female”
Ich weiß, auch ihr liebt mal eine Serie, die nicht besonders kompliziert ist, in der aber einfach alle Leute sympathisch sind, so dass ihr sie euch gern ins Wohnzimmer holt. This is for you! Samantha hört auf zu trinken und navigiert sich durch ihr neues nüchternes Leben, alte Konflikte mit Familien und Freunden tauchen dabei wieder auf, aber auch neue Menschen kommen in ihr Leben. Es ist ziemlich schonungslos und es wird wenig an Alkoholismus romantisiert, aber trotzdem schafft es die Serie dabei immer wieder sehr lustig zu sein:
„Survival of the Thickest”
Und noch eine Selbstfindungstrip-Serie: Hier begleiten wir Mavis (Michell Buteau) beim Klarkommen nach einer fiesen Trennung. Wo zieht man hin (vor allem in New York)? Wie datet man? Muss man überhaupt? Zusätzlich struggelt Mavis auch beruflich, will sich als unabhängige Stylistin etablieren. Natürlich geht es auch deshalb viel um Mode und auch hier und da um body positivity, schließlich ist die Protagonistin dick. Aber trotzdem wird man nicht allzusehr mit Klischees diesbezüglich genervt, beziehungsweise wird das Thema oft genug auch auf die Schippe genommen. Mavis kann einfach ein vielschichtiger, normaler Mensch sein, eine dicke Repräsentation die wir ganz dringend gebrauchen können, siehe nächstes Thema.
Pop-Skandal der Woche: Lizzo
Gegen Lizzo wurde von ehemaligen Tänzerinnen Klage eingereicht. Das von ihr geschaffene Arbeitsumfeld sei unzumutbar gewesen, die Rede ist von sexueller Belästigung, Schikane, Diskriminierung. Nun äußern sich immer mehr Menschen, mit denen die Künstlerin zusammengearbeitet hat um die Klägerinnen zu supporten:
Verständlicherweise sind viele Fans enttäuscht, denn von Lizzo war man nicht einfach nur Fan, weil die Musik und die Konzerte so toll sind, sondern wegen dem, für das sie stand. Mich persönlich hat das nicht so erreicht, mir war dieses ganze Empowerment-Gerede zu oberflächlich, zu showmäßig, zu aufgesetzt, ich hab’s einfach nicht so gefühlt. Als sie dann begann, Shapewear zu verkaufen, entfolgte ich ihr auch in den sozialen Medien, weil dafür reichte die Dicken-Solidarität echt nicht. Aber ich verstehe die Trauer um sie als Star, weil es im Grunde niemanden sonst für dicke Menschen gibt, der so selbstverständlich, beziehungsweise so dreist (so haben wir es gelernt) Raum einnimmt und nicht vorhat, sich zu verändern.
Dicke Menschen werden fast immer nur als Fehler gezeigt oder als Witz, Dicksein ist nur ein Zwischenzustand, den man ändern muss, es ist ein Scheitern. Dick und Hässlichsein sind für die meisten Mensche Synonyme, auch für feministische, woke, linke, you name it. Lizzo aber will so bleiben, sie schillert, sie ist attraktiv, sie ist laut, sie ist sportlich, sie ist da. Und wir mussten dankbar sein für diesen einen Star, der uns gewährt wurde – und wenn dieser Star jetzt auch ein Arschloch ist, dann gute Nacht, dann sind wir es wohl alle. Das ist das Problem mit einer so geringen Repräsentation. Und es wird auch so schnell niemand ähnlich Aussehendes kommen, das zeichnet sich jetzt schon ab und das wissen wir auch schon aus der Vergangenheit, jede Generation bekommt ungefähr eine dicke Frau im Mainstream. Das Ausmaß an Fatshaming, das gerade durchs Netz geht, ist unfassbar. Dicke Leute werden es sehen und ihre Schlussfolgerungen daraus ziehen. Die Fatshamer sind natürlich froh, denn viele von uns werden wieder stärker in der Unsichtbarkeit verharren. Aber denkt dran: Lizzo war nur eine. Eine einzige.
Musikvideo der Woche: „Planet of the Bass”
Schnell weiter mit guter Laune! Wahrscheinlich habt ihr es mitbekommen, oder zumindest Fetzen davon. Das 90s-Parodievideo von Kyle Gordon ging letzte Woche ordentlich auf TikTok und Twitter rum. Besonders die Textzeilen “Life, it never die“ und „Women Are My Favorite Guy” wurden vermemet. Ich will’s auf jeden Fall auf den “Dancefloors” hören”.
Den Song in voller Länge gibt es dann ab 22. August.
Album der Woche: Post Malone „Austin”
Immer etwas schäbig, wenn man ein Album der Woche kürt, ohne auch nur ein einziges anderes gehört zu haben. Aber dafür ist man ja Kolumnistin geworden und nicht Richterin oder sowas. Natürlich habe ich auch in Travis Scotts “Utopia” reingehört, weil “Austin” versus “Utopia” für viele schon wieder ein neues Barbenheimer war, wobei Malones Album dabei wahrscheinlich Barbie ist und Scotts Oppenheimer. Nun, ich bin ein Posty, also bleibt es dabei. Es ist sein Singer-Songwriter-Album, also es geht vor allem um die Gitarre und die Texte, und es ist ein klassischer Grower. Aber da gibt es dieses alte Problem, kennt ihr es? Wenn ein Song auf einem Album so schön ist, dass man es nicht schafft, weiterzuhören? Das habe ich gerade wegen diesem Lied:
Den Rest könnt ihr euch ja sonstwo reinstreamen!