Instrumentenkunde Neumann U87


Die Technik: „Das Kondensatormikrophon U87 ist ein besonders vielseitig einsetzbares Studiomikrophon, das alle Anforderungen erfüllt, die in der modernen Aufnahmetechnik gestellt werden.“ Das klingt nicht nur wie ein Werbetext, sondern ist auch einer. Aus dem Prospekt der Georg Neumann GmbH, erschienen Ende der 6oer-Jahre. Was damals unter „moderner Aufnahmetechnik“ zu verstehen war, ist heute natürlich ein Fall fürs Technikmuseum. Bis auf eine Ausnahme: Das U87 erfüllt noch heute „alle Anforderungen“, mehrals40jahre später. Einerseits, weil bereits die Erstausgabe zeitlose Qualitäten auszeichnete, andererseits, weil das gut ein halbes Kilo schwere Großmembranmikrophon dezent weiterentwickelt wurde. Schon das Urmodell hatte eine robuste Doppelmembran, einen exzellenten Vorverstärker, der mittels Mikrokabel mit Strom versorgt wurde, sowie einige praxistaugliche Details. Etwa die Möglichkeit, drei verschiedene Richtcharakteristiken einzustellen. Vereinfacht gesagt: Ob das Signal von vorne, von der Seite oder von sonstwoher kommt, ist egal – das U87 stellt sich darauf ein. Egal auch, ob ein ätherisches Wesen zart die Harfe zupft oder ein zorniger Sänger aus kurzer Distanz brüllt. Bei Letzterem sorgt ein schaltbarer Dämpfer dafür, dass trotz „Nahbesprechung“ ein natürliches Klangbild erreicht wird. Ohne diesen klänge der brüllende Sänger nämlich nicht zornig, sondern nur dumpf und matschig. Dass die Studioszene bis heute auf das U87 abfährt, hat aber weitere Gründe: Das Teil klingt hervorragend und verkraftet Schalldrücke von 127 dB, ohne zu verzerren oder schlappzumachen. Da darf man den Lautstärkeregler am Verstärker ruhig mal auf 11 drehen.

Die Geschichte: Georg Neumann (1898-1976) produzierte in Berlin seit 1928 Mikrophone. Er entwickelte das weltweit erste Kondensatormikrophon, das aufgrund der Form „Neumann-Flasche“ genannt wurde und selbst Zarah Leander verzerrungsfrei übertragen konnte. Nach dem Krieg spezialisierte sich die Firma auf hochwertige Studiotechnik, darunter Mikrophone, die auch in den USA als „State of the art“ akzeptiert waren -Sinatra groonte hinein, Elvis ließ vor einem Neumann die Hüfte kreisen. Auch aus TV und Radio-Studios waren Neumann-Mikros nicht mehr wegzudenken, für den Export firmierten sie allerdings oft unter dem Markennamen Telefunken. Ab 1965 entstanden die ersten Exemplare mit Transistorverstärker, dann das U87. das quasi zum Industriestandard avancierte und noch heute produziert wird. 1999 wurde die Firma Neu mann für ihr Gesamtwerk mit einem „Technical Grammy“ ausgezeichnet.

Die Anwender: Heimstudiobesitzerträumen von einem U87 -wobei es meist auch bleibt,denn mit einer Ablösesumme von ca. 2.300 Euro spielt das edle Gerät in der Profiliga. Dort ist es allerdings weltweit präsent und wird vor allem für Gesangsaufnahmen verwendet. Es dürfte kaum ein Profi-Studio ohne U87 geben. Die Liste der Anwender ist im Buchhandel erhältlich,unter“Pop-Lexikon“. >»www.neumann.com