Hotlist 2024: Die spannendsten Newcomer:innen des Jahres
Von The Last Dinner Party über Chappell Roan bis hin zu Fat Dog: Von diesen 13 Artists erwarten noch einiges.
Levin Liam: Generation Empfindsamkeit
Neuer Ton im Deutsch-Pop: Levin Liam beweist einmal mehr, dass es auf dem Terrain zwischen Deutschrap und sensiblem Singer/Songerwritertum so poetisch wie zeitgemäß zugehen kann.
Aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei und so durften sich seine Anhänger:innen voriges Jahr bereits zum dritten Mal über die Enthüllung noch unbekannter Songs unter dem Titel LEVIN LIAM LEAKS freuen. Einen „Rahmen für rahmenlose Sachen“ nennt er diese goodie bags voller aus dem Raster fallender Songs. Dabei ist Levin Liam eigentlich gar nicht mehr ganz neu im Geschäft. Der Hamburger steht bereits seit jungen Jahren als Schauspieler vor der Kamera und seit drei Jahren als Musiker auf der Bühne. Angefangen hat er mit englischen Lyrics im James-Blake-Sound. Heute ist er eine der großen Hoffnungen im Deutschrap – oder genauer: Deutschraps neuer Lieblingssänger. Gleichzeitig berührt er mit seinem Sound auch Indie-Fans.
Wenn Levin Liam von Selbstzweifeln und innerer Zerrissenheit singt, dann klingt es, als würde er lässig und verträumt über bunte Wiesen schlendern – so wie im doppelten Musikvideo zu den 2023 erschienenen Singles „Niemals Hatten / Ewig Hält“. Dort sitzt er nachdenklich in einer blühenden Baumkrone, rennt durch idyllische Weinberge oder, passend zum dreamy Outro des Songs, dem Sonnenuntergang entgegen. Dabei sind die Texte so schwer und der Gesang so fragil, dass es fast wie Selbstschutz anmutet, wie er die Silben verschluckt und vernuschelt. Manchmal scheinen Sätze aufzuhören, bevor sie fertig sind. Die Worte strömen säuselnd aus ihm heraus, als würde er mehr zu sich selbst sprechen. Und trotzdem versteht man genau, was er ausdrücken will. Vergänglichkeit ist dabei immer wieder großes Thema. Treffenderweise sind die Songs alle nur um die zwei, drei Minuten lang – kurz genug für das nächste TikTok-Video, aber lang genug, um die jeweilige Message auf sich wirken zu lassen.
Dass er es mit den Kolleg:innen der Szene aufnehmen kann, hat Levin Liam in den vergangenen zwei Jahren immer wieder bewiesen. Mit Trettmann stand er beim Splash!-Festival auf der Bühne und performte dort den gemeinsamen Song „Für dich da“. Ein paar Monate später droppt die EP „Neue Ufer“ in Zusammenarbeit mit DEN Producern im Deutschrap gerade schlechthin: Miksu / Macloud. Da kann man sich schon einmal Paula Hartmanns Stimme für einen Skit leihen und sie eine Miso-Suppe bestellen lassen („Umentschieden“) oder den O-Ton eines selbstgefälligen Til Schweiger als Intro verwenden („Til Schweiger Freestyle“). Levin Liam weiß mit klassischen Hip-Hop-Referenzen umzugehen und macht daraus sein ganz eigenes Ding. Mit seinem melancholischen Sound gesellt er sich zu einer neuen Generation der Empfindsamkeit, ohne dabei platt zu sein oder irgendwas zu verklären.
Woher: Hamburg
Für Fans von: Paula Hartmann, Trettmann, Solange, James Blake, VHS-Ästhetik
Anspieltipps: „So k.o“, „Ich hab dich“
Neue Musik: irgendein neuer „Levin Liam Leak“ kommt sicher wieder
Live: ab 16. Februar auf großer Tour durch Deutschland, Österreich und die Schweiz
(Laura Kunkel)