Holly Johnson


Nach außen; Prophet der verdrängten Lust, Propagandist der (homo)sexuellen Freizügigkeit, Patron des dionysischen Rausches. Und privat? Steve Lake sprach mit einem erstaunlich bodenständigen Holly Johnson, seines Zeichens Chef-Ekstatiker bei Frankie Goes To Hollywood.

ME/SOUNDS: Kommen wir gleich zur Sache: Gerüchte, daß ihr nur Marionetten eures Produzenten Trevor Hörn seid, gab es ja schon immer. Spielt ihr nun oder spielt ihr nicht auf euren Platten ?

HOLLY: „Das hängt ganz davon ab.“ ME/SOUNDS: Könntest du das ein bißchen spezifizieren?

HOLLY: „Eigentlich ist das jedesmal verschieden. Die Arbeit an dem ersten Album war eine Katastrophe. Wir unterschrieben bei ZTT und haben dann drei Monate gewartet, bis die ihre Ärsche in Bewegung gesetzt haben. Trevor hat uns nach London beordert, und wir versuchten .Relax‘ mit der Band auf die Beine zu stellen. Aber Trevor kam mit diesem unerfahrenen jungen Haufen nicht zurecht. Darum hat er die drei heim nach Liverpool geschickt. (Lacht) Dann hat er eine Horde Profis ins Studio bestellt, aber das hat ihm auch nicht gefallen. Also warf er die wieder raus.

Daraufhin kramte er unser Original-Demo hervor und hat dies dann auf eine ultramoderne Art und Weise überarbeitet und neu zusammengesetzt. Musikalisch wurde nichts hinzugefügt, was nicht schon auf dem Demo skizziert war — aber Trevor hat alles mit Computern noch einmal gemacht. Er ersetzte das Schlagzeug durch einen fetten Linn Drum-Sound, den Baß durch eine Fairlight-Linie, usw. Zum Schluß engagierten sie noch einen begabten Keyboarder, der für den Zuckerguß zuständig war. ,Two Tribes‘ wurde ganz genauso gemacht, nur daß wir da noch Geigen hinzufügten. Eine Idee, die übrigens von der Band kam.“

ME/SOUNDS: Die „Frankie kann gar nicht spielen …“-Lobby war die ganzen Jahre über besonders laut zu hören. Warum, glaubst du, hat man sich gerade auf euch so eingeschossen?

HOLLY: „Ich weiß es — ehrlich gesagt — nicht. Tatsache ist: Platten sind heutzutage immer eine Melange verschiedener Leute und Ideen, egal, ob du Michael Jackson oder die Smiths nimmst. In unserem Fall wurde halt dieser Hype-Aspekt, dieses ,Sie können nicht spielen‘ besonders betont. Aber so einfach und so blöd war’s nie.“

ME SOUNDS: Kann man denn die Band auf WELCOME TO THE PLEASUREDOME beispielsweise überhaupt hören?

HOLLY: „Aber sicher. .Born To Run‘ ist ganz allein die Band. .San Jose‘, eine Nummer, die wir mal spaßeshalber an einem Nachmittag aufnahmen, ist auch nur die Band. Trevor Hörn hat eigentlich nur an .Relax‘, ,Two Tribes‘ und „Pleasuredome“ gearbeitet. Alles andere haben wir mit unserem Toningenieur Steve Lipson aufgenommen.

Außerdem waren sehr viele Entscheidungen so etwas wie ein Mehrheitsbeschluß. Es gab sehr viele Beobachter und Besucher im Studio. Die Art Of Noise-Leute waren sehr oft da. Ihr Ratschlag wurde gern gehört. Weißt du, wir hatten keine Illusionen über unsere Fähigkeiten. Ich wollte eine classy Discoplatte machen — aber wir wußten alle, daß wir in puncto Produktion unerfahren waren.“

ME/SOUNDS: Warum seid ihr für die Aufnahmen zum neuen Album LIVERPOOL nach Hollandgegangen?

HOLLY: „Wir haben versucht, die Kosten niedrig zu halten, denn die Studiorechnung fürs erste Album war gigantisch. Du verstehst: GIGAN-TISCH. Du denkst vielleicht, das ist komisch, weil wir doch in Trevors Studio aufgenommen haben. Man könnte ja auch annehmen, daß man vielleicht einen Vorzugspreis eingeräumt bekommt?? Nichts dergleichen! .Relax‘ alleine hat 30000 Pfund (ca. 90000 DM) gekostet.

Und die Wahrheit ist: Nicht wir, sondern Trevors Onanie war so verdammt teuer. Seine Panik und Paranoia haben uns das Geld gekostet. Er hatte eine ungeheure Muffe, daß sein neues Label nicht mit einem Paukenschlag bekannt und eingeführt würde. Nun, letztendlich hai sich das zu unserem Vorteil entwickelt — aber wir haben kräftig dafür zahlen müssen.“

ME/SOUNDS: Ich habe gehört, du hättest dich geärgert, weil Trevor bei den Aufnahmen ßr das neue Album nicht allzu oft anwesend war?

HOLLY: „Ja. das ist richtig. Ich war echt sauer. Den anderen war das eigentlich egal. Trevors Gedanke war, daß diesmal mehr von der Band kommen solle. Die Musiker von FGTH waren darüber wohl glücklich. Aber schau mal: Ich hatte nie einen Minderwertigkeitskomplex in bezug auf das, was ich kann bzw. nicht kann, denn mich hört man auf dem ganzen PLEASUREDOME-Album. Mich hat keiner durch einen Computer ersetzt.“

ME/SOUNDS: Aber Hörn hat doch zumindest an der Single „Warriors Of The Wasteland“ gearbeitet, oder nicht?

HOLLY: „Ja. dazu hat er sich schließlich durchgerungen. Ich war sehr froh darüber. Seine Version ist total anders als die auf dem Album. Viel mehr Disco und Funk, was ich persönlich gegenüber den Rock-Elementen, die sich in unsere Musik eingeschlichen haben, bevorzuge. Aber ich bin ja nur der Sänger, kein Diktator, der anderen vorschreibt, wie und was… Aber ich würde uns mehr in diese Tanzrichtung lenken.“

ME/SOUNDS: In einer Klatschspalte konnte man lesen, daß du zu den Sessions von „Rage Hard“ kamst und jemand anderes an deiner Stelle hinter dem Mikro stand. Stimmt das?

HOLLY: „Oh. das war die Maxiversion. Ich wußte nicht, was sie für die Maxi geplant hatten. Ich ging davon aus, daß wir halt einen Dance Mix machen würden. Was ich auf gar keinen verdammten Fall haben wollte, war Sprechgesang oder Rap. Denn das hatten wir schon bei .Two Tribes‘ gemacht und außerdem hat Trevor das bei Grace Jones bis zum Abwinken durchexerziert. Wie auch immer: Sie engagierten die Schauspielerin Joanna Lumley. aber die wollte wegen der potentiellen Zweideutigkeiten — 12 inch. Klimax — hahaha, nicht mit dem Projekt in Verbindung gebracht werden. Also haben sie schließlich einen anderen gefunden. Ehrlich gesagt: Mir war das im Prinzip völlig wurscht.“

ME/SOUNDS: War es nach dem Riesenerfolg der ersten drei Singles sehr schwierig, das Material live zu präsentieren. Habt ihr Tonbänder eingesetzt?

HOLLY: „Wir haben ein Background-Tonband für .Welcome To The Pleasuredome‘ benutzt, weil man das so gut wie gar nicht spielen konnte. Aber dies war das einzige Band, was wir während der ganzen Show einsetzten.“

ME SOUNDS: Hattet ihr dm Gefühl, man erwarte von euch die sensationelle, alles überbietende

Supershow — und wenn ja, habt ihr das als Druck empfunden?

HOLLY: „Nein, das war ganz einfach: Schon bevor ZTT ins Spiel gekommen ist, sind wir oft live aufgetreten. Und obwohl wir nie Geld hatten, um hübsche Kostüme oder teure Lightshows zu finanzieren, waren unsere Auftritte immer unterhaltsam. Wir kamen bei Konzerten immer gut an. Dieses Visuelle, diese Image-Sache war unsere Stärke.“

ME/SOUNDS: Welchen Einfluß hatte Tom Watkins und Massive Management aufFGTH?

HOLLY: „Überhaupt keinen, wieso?“

ME/SOUNDS: Er soll für die Pflege des Frankie-Images, für die T-Shirts und all das zuständig gewesen sein …

HOLLY: „Behauptet er das? Dummschwätzer! Ich mag ihn. aber in kreativer Hinsicht hat er nichts zu dem Frankie-Dind beigesteuert. Die T-Shirt-Idee hat man bei der englischen Modedesignerin Katherine Hamnett geklaut. Das weiß doch jeder (Lacht). Die Grafik-Firma von Watkins hat ein paar Schriftzüge für uns entwickelt, mit unserem Image aber hatte sie rein gar nichts zu tun.“

ME/SOUNDS: Ist die Rolle von Horns Partner Paul Morley gleichermaßen überbewertet worden!

HOLLY: „Ich weiß es nicht. Wie hat man denn seine Rolle gesehen?“

ME/SOUNDS: -Von, der allgemeine Eindruck war …

HOLLY: „Du meinst, der allgemeine Eindruck von Journalisten war: Mach weiter…“

ME SOUNDS: …daß Morley und Hont die Masterminds waren und eure ganze Karriere von vorne bis hinten in der Art von Malcolm McLaren geplant haben.

HOLLY: „Sie haben nur das getan, was die Angestellten einer Plattenfirma für gewöhnlich auch tun müssen. Der Produzent produziert eine Platte, und der Marketing-Mann entwickelt Verkaufsrezepte. Nein. Wenn man darüber nachdenkt, haben sie nichts weiter gemacht, als ihren normalen Job zu verrichten. Aber weil diese beiden Leute damals im Vergleich zu uns schon profiliert waren — man denke nur an Morleys Ruf unter Journalisten — hat man ihre Rolle gern überbewertet.

Ich behaupte nicht, daß sie ihren Job nicht gut gemacht haben, aber es wäre ungefähr so, als würde ich sagen: Die Presseabteilung der deutschen Ariola ist allein verantwortlich für den Erfolg von Frankie in der Bundesrepublik. In gewisser Hinsicht mag das sogar richtig sein. Aber, wenn man einen solchen Verdienst isoliert und behauptet: ,Sie allein waren dafür verantwortlich‘, dann entsteht ein sehr verzerrtes Bild. Überhaupt habe ich den Eindruck, wenn irgend jemand versucht, den Erfolg einer solchen Sache für sich allein in Anspruch zu nehmen, dann macht er sich ein bißchen zum Arschloch. Was mich seinerzeit irritierte, war die Tatsache, daß Morley und Hörn nicht den geringsten Versuch machten, diesen Eindruck, sie seien die absoluten Masterminds hinter Frankie, zu korrigieren. Das war ziemlich überheblich von ihnen. Denn sie haben schließlich keinen einzigen Frankie-Song geschrieben.“

ME/SOUNDS: Hast du diesbezüglich mal Tacheles mit ihnen geredet?

HOLLY: „Nee. Das mache ich durch die Interviews. Ich weiß nämlich, daß sie die alle sorgfälig lesen.“ (Lacht) ME/SOUNDS: Macht dir eigentlich die ganze Sache noch Spaß heutzutage?

HOLLY: „Manche Aspekte ja. Heute war z.B. ein schöner Tag. Ich war hier in München mit Wolfgang (dem „Personal Manager“) einkaufen. Ein paar Schuhe. Wie findest du die? (Er holt ein paar original bayrische Wanderschuhe in schwarzem Leder und mit einer schweren silbergetriebenen Schnalle aus seiner Tüte.) Sind die nicht toll?“

ME/SOUNDS: (diplomatisch) Sehr hübsch.

HOLLY: „Den geschäftlichen Aspekt an der Sache hasse ich. Der ist zum Kotzen.“

ME SOUNDS: Bedeutet das, du haßt die Plattenfirmen?

HOLLY: „Ja, Plattenfirmen und Rechtsanwälte. Wirklich — die kümmern sich einen Scheißdreck um dich als Individuum, um deine Entwicklung als Künstler. Das einzige, was sie interessiert: Wie viele Platten werden sie verkaufen können.“

ME SOUNDS: Hattest du den Erfolg in dieser Größenordnung eigentlich verdient — oder kam dir das Ganze manchmal auch so vor, als sei dir vieles in den Schoß gefallen?

HOLLY: „In gewisser Hinsicht hatte ich wohl auch Glück. Manchmal dachte ich: .Das war zu 90 Prozent Dusel“, ein anderes Mal dachte ich: ,Okay, du hast hart gearbeitet‘. Mit 16 war ich in meiner ersten Band. Sieben Jahre lang habe ich gesungen, ohne einen ordentlichen Plattenvertrag zu haben. Und so ordentlich war auch der. den ich dann unterschrieben habe, nicht.“ (Lacht) ME/SOUNDS: Wenn man dich mit vorgehaltener Pistole zwingen würde, ein Solokonzert ohne jede Hilfe der Band zu geben — wie würde sich das anhören?

HOLLY: „Oh, du müßtest mir bestimmt keine Pistole an die Schläfe setzen. (Lacht) Nun — es würde mit Sicherheit viel“. schwärzer klingen. Genau: viel schwärzer als FGTH. Mehr kann ich dazu eigentlich nicht sagen. Wart’s ab.“

ME/SOUNDS: Wie ist das Verhältnis zwischen dir und dem Rest der Band im Moment? Du hast schon mal verlauten lassen, daß du die Rock V Roll-Anleihen nur halbherzig mitmachst?

HOLLY: „Richtig, aber durch meinen Einfluß und mein — in Ermangelung eines besseren Wortes — Charisma versuche ich diesem Rock-Element entgegenzuwirken. Ich persönlich bin nämlich definitiv kein Rocker. Ich behaupte ja auch nicht, daß sie eine der üblichen, miesen Rock-Combos sind. Sie sind sogar ziemlich gut. Aber erst durch mich wird die Musik eigentlich interessant. Nun, zur Zeit kommen wir alle recht gut miteinander aus …“

ME/SOUNDS: Heißt dies: Gruppenentscheidungen fallen leicht?

HOLLY: „So viele Entscheidungen werden da gar nicht getroffen!“

ME SOUNDS: Heißt das wiederum: Trevor Horn entscheidet doch letztlich, was getan und gelassen wird?

HOLLY: (ein wenig irritiert) „Nun, das ist ja auch sein Job. Oder der von Steve Lipson, der fast das ganze neue Album produziert hat. Wenn man

ein Jahr damit verbringt, Songs zu schreiben, weiß man, daß es tausend Möglichkeiten gibt, diese Songs umzusetzen. Solange der Song nicht völlig verstümmelt wird, ist es eigentlich jedem egal, wie er arrangiert oder umgesetzt wird. Das ist letztlich eine Nebensache.“

ME/SOUNDS: Du hast schon vorhin Andeutungen gemacht: Planst du eine Solokarriere!

HOLLY: Ja, das habe ich vor. (Lacht) Das hoffe ich doch sehr. Ich möchte mal ein paar andere Sachen machen. Das ist wie bei einer Fernsehserie: Irgendwann erreicht man den Punkt, wo man sich sagt: Mein Gott, du würdest ja auch mal gern etwas anderes machen. Du willst nicht für immer und ewig beim ,Denver Clan‘ bleiben. Oder, um genauer zu sein: Ich will meine Rolle beim ,Denver Clan‘ behalten — allerdings mit der Freiheit, auch mal bei .Dallas‘ aufzutreten. Und ich sehe nicht ein, warum das nicht möglich sein soll. Das soll jetzt gar nicht negativ klingen. Ich finde es nur positiv, wenn ich mehr machen will als nur die Frankie-Sache. Sicher wird es Leute geben, die im Falle meiner Solokarriere sagen: Das ist das Ende von FGTH. So sehe ich das aber nicht.“

ME/SOUNDS: Wann soll die Solokarriere denn starten?

HOLLY: „Das weiß ich noch nicht genau. Vielleicht im Frühjahr. Man hat mir gerade angeboten, an einem Film-Soundtrack mitzuwirken. Grundsätzlich eine reizvolle Idee. Ich habe allerdings noch nicht mal das Drehbuch gesehen. Aber ich werde diese schmeichelhafte Einladung mal genauer in Augenschein nehmen.“

ME/SOUNDS: Wie hast du dich im letzten Jahr, wo in puncto FGTH nichts lief, eigentlich gefühlt?

HOLLY: „Um ehrlich zu sein: Ziemlich schlecht. Gegen Ende der Welttournee von FGTH war ich sehr erschöpft. Und wenn’s mir körperlich nicht gutgeht, dann fällt es mir schwer, positiv zu sein. Ich versuchte, Songs für das zweite Album zu schreiben. Aber auch das war schwierig, weil die Leute um mich herum reichlich undiszipliniert waren und sich als Partygänger und Popstars hervortun wollten. Außerdem hatten wir Arger mit der Plattenfirma. Und dann dieser verdammte Hemmschuh namens Trevor, der nie im Studio war. Zudem die geschäftlichen Schwierigkeiten. Lange Zeit mußten wir von dem T-Shirt-Verkauf leben.“

ME/SOUNDS: Das versteh ich nicht. Meiner Rechnung nach müßtest du inzwischen doch recht wohlhabend sein?

HOLLY: „Bin ich aber nicht. (Lacht) Weißt du, wie das geht? Man ist jung, arbeitslos und hat keine Alternative — außer diesen Vertrag zu unterzeichnen. Und der sieht vor: 6 Prozent vom Großhandelspreis der amerikanischen Einnahmen, 6 Prozent vom Einzelhandelspreis der Einnahmen im Rest der Welt und vielleicht mit viel Glück 8 Prozent vom Verkaufspreis in England. Da bleibt nicht viel, wenn man das schon einmal unter fünf Bandmitgliedern und einem Manager aufteilt und für die Tour unheimlich viele Leute anstellen muß. In Amerika haben wir mit der Tournee 20 000 Dollar verloren. Da blieb lange Zeit nur das T-Shirt-Geld.

Es ist ein Trugschluß zu glauben, daß man durch ein Hit-Album gleich zum Millionär wird. Okay, Künstler, die sich besser auf Geschäfte verstehen und mehr Alben verkauft haben, können das schaffen. Sade z.B. — ihr Album hat sich dreimillionenmal allein in Amerika verkauft. Sie dürfte heute eine Millionärin sein. Unsere Verkäufe in den Staaten waren langst nicht so gut.“

ME/SOUNDS: War es rückblickend ein Fehler, mit einem Doppelalbum zu debütieren?

HOLLY: „Das war sowieso Unsinn. PLEASUREDOME war gar kein Doppelalbum, mit seinen 14 Songs und zwei Maxis. Außerdem wurde auch nur ein Einfach-Album abgerechnet.“

ME/SOUNDS: Das neue Album hatte alle möglichen Arbeitstitel wie z. B. CUT OFF HIS LEGS – THE SICKEST DESCENT INTO DEGENERACY SINCE WINSTON CHURCHILL oder FROM THE DIAMOND MINE TO THE FACTORY, bis man es schließlich schlicht LIVERPOOL taufte. Warum das alles?

HOLLY: „Tja. weißt du, das wurde gemacht, um die Journalisten zu unterhalten. In Wirklichkeit suchte ZTT verzweifelt nach irgendwelchen Publicity-Argumenten. Frankie war immer noch in Holland, alles schleppte sich sehr langsam dahin und nichts stand in den Zeitungen. Darum haben sie eines Tages auch eine Presseveröffentlichung herausgegeben, in der es hieß. ZTT würde nach Paris umziehen, weil wir dort lebten. Alles der reine Blödsinn. Keiner war jemals in Paris. Das wurde nur gesagt, um überhaupt irgend etwas verlautbaren zu lassen.“

ME/SOUNDS: Wie stehst du zu den anderen ZTT-Künstlern?

HOLLY: „Es gibt auf ZTT nichts außer Frankie Goes To Hollywood!“

ME/SOUNDS: In puncto Verkäufen stimme ich dir da zu, aber …

HOLLY: „Keins ,aber Es gibt nichts außer uns. Sie geben gerne vor, daß da noch was anderes ist. aber die restlichen ZTT-Künstler werden unglaublich schlecht behandelt, wie ein Stück Scheiße. Ich sollte das eigentlich nicht sagen, aber es ist wahr. Drei Leuten von Propaganda liegt eine gerichtliche Verfügung vor. die es ihnen verbietet, irgendwelche Platten aufzunehmen. Das ist ein echter Hemmschuh für diese Musiker. Weißt du. ZTT besteht aus Kindern. In puncto Organisation sollten sie mal begreifen, daß sie ein neues Plattenlabel sind und sich dementsprechend verhalten. Aber der Frankie-Erfolg ist ihnen mehr als uns zu Kopf gestiegen. Obwohl sie kein Recht dazu hatten, fühlten sie sich für den ganzen Erfolg verantwortlich.“

ME/SOUNDS: Hast du eigentlich mal versucht zu analysieren, warum „Relax“ so ein Riesenerfolg wurde?

HOLLY: „In der Hauptsache wohl deshalb, weil das in erster Linie mal nichts weiter ist als ein Kinderreim. (Singt: .Relax don’t do it …) Ein Kinderreim, den man sofort drin hat. Dann war da Trevor Horns Paranoia, daß der Song richtig klingen sollte, klingen mußte, egal wieviel Geld es kostete. Und zu guter Letzt der Basisrhythmus mit 116 Beats pro Minute — das ist ein universeller iribal Sound, der jedem direkt in die Beine geht. Für mich ist sonnenklar—und auch wohl für ZTT, daß es niemals mehr etwas Ähnliches geben wird.“