Hockey Dockey, Ihr Lord Knud


Nach seinem Auto-Unfall im Februar 1966 schien alles aus zu sein: Der Bass-Gitarrist bei der Berliner Beat-Band „The Lords“ erhielt sieben Monate nach dem Unglück seine Kündigung. Was nun? In seinen erlernten Beruf als Bank-Kaufmann wollte er nicht mehr zurück. Er wollte in der Show-Branche bleiben, sich aber dabei von dem Image der „Lords“ lösen. So trennte er sich zunächst einmal von seinen langen Haaren, die ihm in einer überfüllten Berliner Diskothek unter lautstarker Anteilnahme der Gäste abgeschnitten wurden. Lord Knud heute: „Hätte es damals schon „Hair“ gegeben, hätte ich mich bestimmt nicht so leicht dazu entschlossen.“ Als Disc-jockey versuchte „Lord Knud“ (ein Gericht sprach ihm die Berechtigung zu, den Titel als Künstlernamen zu führen) wieder Fuß zu fassen: Er eröffnete die Diskothek „Hajo“, die eigentlich nur deshalb Diskothek wurde, weil die Rolling Stones nach ihrem zerstörerischen Gastspiel in der Waldbühne in die „Hajo“ zogen – worauf das Lokal „Band-Verbot“ für alle Zeiten erhielt. So verdankt Knud seine Karriere als Disc-Jockey genau genommen den Rolling Stones. Viele Diskotheken in Westdeutschland und natürlich auch in seiner Heimatstadt engagierten den „Lord“ mit seiner inzwischen zum Markenzeichen gewordenen Silberkrücke, und 1967 wurde ihm von einer Berliner Tageszeitung die wöchentliche Musik-Columne angeboten, die er bis heute betreut. Nach einer Probe-Sendung beim SFB entschloss sich Knud, eine Sprechausbildung zu absolvieren. Nachdem er auch beim RIAS vorgesprochen hatte, wurde ihm angeboten, die „Schlagerkassette“ (aus der deutschen Produktion) vorzustellen. Diese Sendung betreute er ein halbes Jahr. Dann erhielt er im RIAS einen Ausbildungsvertrag, und seit dem 1. Oktober 1968 präsentiert er die RIAS-Traditionssendung „Schlager der Woche“, die vor 22 Jahren Wolfgang Berendt annonciert hatte und später von Fred Ignor und Charlie Hickman. Gleichzeitig rief er die Samstagmittag-Sendung „Evergreens a gogo“ ins Leben, deren Titel aufgrund des großen Erfolges der Sendereihe mittlerweile einer Langspielplatte den Namen gegeben hat. Lord Knud dazu: „Im Grunde ist diese Sendung mein Hobby. Ich habe zu Hause über 4.000 Evergreens, fast jede Platte ist für mich ein Stück lebendiger Erinnerung, die ich in der Sendung würze mit knapper Information, ein wenig Witz und kleinen Stories. Das Ganze macht mir und meinen Hörern – wie ich aus der Hörerpost weiß irren Spaß.“ Innerhalb eines einzigen Jahres gingen auf sein RIAS-Postfach 777 nicht weniger als 100.000 Briefe ein. Seit drei Monaten geht er übrigens auch auf die Schauspielschule (Max-Reinhard-Institut). Lord Knud: „Die Menschen haben mir schon so oft etwas vorgespielt, jetzt möchte ich ihnen etwas vorspielen. Hockey Dockey.“ Achtung. Disc-Jockeys! Wenn ihr glaubt, originell und einfallsreich zu sein, schickt uns euer Foto und eine kurze Biografie. Wir werden dann über euch und eure Discothek berichten. Zuschriften bitte an: Musik Express. Kennwort „Disc-Jockey“, Postfach 2106 DEN HAAG/HOLLAND.