Hard Rock/Heavy Metal
Jahresende, Jahreswende und wieder einmal finden sich wortreiche Kritikerstimmen, die der Hard’n-Heavy-Front eine Krise oder gar ein baldiges Ende prophezeien. Was soll’s, die Antwort darauf kann nur lauten: Noch so viele Neue (Dauer?)-Wellen werden nicht verhindern können, daß jene Quelle auch ’83 weiterhin kräftig sprudelt.
Den Anfang macht eine der dienstältesten englischen Hardrock-Bands überhaupt, Budgie mit ihrer aktuellen LP DELIVER US FROM EV1L (RCA PL 25439). Ganze 15 Jahre im Geschäft, hat man sich vor allem als mittlerweile zugkräftiger Live-Act einen ansehnlichen Fankreis erspielt. Der entscheidende Durchbruch allerdings blieb trotz einer stattlichen Anzahl von Alben bislang aus. Auch dieser Versuch dürfte es schwerhaben, sich gegen die mächtige Konkurrenz zu behaupten. Zwar weisen „Bored With Russia“ oder „Young Girl“ auf der ersten Seite prägnant melodische Züge, ansprechende Härte und einen insgesamt eingängigen Rhythmus auf. Doch das eigentliche Problem steckt im Detail. Duncan Mackay’s Keyboards nämlich stören das ansonsten energische Spiel des Power-Trios empfindlich. In die Ballade „Flowers In The Attic“ sind’s Violinenklänge, in „N.O.R.A.D. (Doomsday City)“ weiche Tonfolgen, die deplaziert wirken. Alles in allem ein Album, das einen zwiespältigen Eindruck hinterläßt.
Diamond Head ist eine Newcomer-Band, die sich hier auf ihrer ersten LP BORROWED TIME (MCA/ Ariola 205 145) erstaunlich vielseitig zeigt. Geschickt verknüpft man m „Don’t You Ever Leave Me“ Riff-Rock, Hardrock und Rhythm’n-Blues-Elemente. Sean Harris‘ dominierender Gesang, in Höhen und Tiefen gleichermaßen souverän, und Brian Tatlers gefühlvoll abgestuftes Gitarrenspiel ergänzen sich besonders in den langen Stücken „Borrowed Time“ und „Am I Evil“ auffallend gut. Mit den vorab als Single erschienenen „In the Heat of The Night“ und „Call Me“ hat man außerdem zwei hitverdächtige Songs, in denen herzhafter Elan, eigenständige Ideen und stilsicherer Hardrock demonstriert werden. Hoffentlich geht dieses durch und durch gelungene Album nicht im allgemeinen Frühjahrsputz der Plattenfirmen verloren.
Abschließend noch etwas für den extravaganten Heavy-Metal-Freak, der auch dem Nachwuchs eine Chance gibt. Das kleine englische Label „Heavy Metal Records“ (nur über „Wishbone“-lmportdienst, Kemnader Str. 251, 4630 Bochum 1, zu beziehen) stellt sich mit zwei seiner besten Bands vor Die eine, Shiva mit „Firedance“ (HMR LP 6), und die andere, Witchfynder General mit „Death Penalty“ (HMR LP 8). Shiva (John Hall, Andy Skuse und Chris Logan) spielen einen psychedelisch orientierten, gelegentlich auch hektisch neurotischen Heavy-Metal mit allerlei rhythmischen Raffinessen. In allen zehn Songs herrscht eine düstere Stimmung, die mal durch unerwartet schräge Keyboards, mal von hastig gespielten Baß- oder Gitarren-Läufen spürbar gesteigert wird. „Wild Machme“, „Borderline“ oder „Angel Of Mons“ sind Stücke auf Hochspannungs-Niveau, Dynamit für die Ohren.
Witchfynder General führen auf ihrer Debut-LP das metallische Erbe von Black Sabbath fort, laut und von ungeschliffener Vehemenz; Rohmaterial, das im Kern einen ausgeprägten Sinn für kraftstrotzende Melodien verrät. Ob „Invisible Hate“, „No Stayer“ oder das Finale „R.I.P.“ – im reichhaltigen Witchfynder-Stahlangebot gibt es diverse Pretiosen zu entdecken.