Madonna: Hard Candy


Wer gut gekleidet ist, entscheidet WÄIS KIANL. Die Mode-Kolumnistin und Bestseller-Autorin ("Stirb, Susi!") schreibt und lebt in Zürich. Heute vor dem Stilgericht: Madonna Louise Ciccone.

Wenn sich bei einer Frau eine schwere Midlife Crisis für alle Welt sichtbar dadurch bemerkbar macht, dass sich das Innere einfach nach außen stülpt, dann ist das wohl Madonna. Mit 51, als zweifach geschiedene Mutter, läuft sie in Overkneestiefeln und durchsichtigem Spitzen-Mini als Hooker verkleidet an der Hand von toyboy Jesus (23, aus einem brasilianischen Ghetto) durch die Nachtclubs dieser Welt. „

Madonna war schon immer etwas daneben, erreichte oft die Grenze der Peinlichkeit, überschritt sie aber nie so, dass ihre Fans (nennen wir sie Generation M, Mittelschichtmädchen, die gerne zu Chart-Musik tanzten und heute späte Mütter in den 40ern sind) etwas bemerkt hätten. Genau in diesem schlichten Umfeld wurde sie als Stil-Ikone angehimmelt und als Vorreiterin des cool in ihrem Lebenswandel kopiert. Madonna-Fans wussten nicht, dass sie ein Jahr zu spät und lange nach Malcolm McLarens „Deep in Vogue“ den Voguing-Hype aus dem New Yorker Underground in den Mainstream brachte, indem sie Willi Ninjas Tänzer für ihr Video abzog. Sie wussten nicht, dass das ganze spirituelle Theater um das RAY OF LIGHT-Album nichts mit einem wahren inneren Wachstum der Pop-Diva zu tun hatte, und gingen deshalb zum Yoga und fanden es toll, einen jüngeren Mann zu haben, als Madonna mit einem „„Mrs Ritchie“-Schriftzug auf dem Rücken ihres schlechtsitzenden Stella-McCartney-Hochzeitsanzuges den armen Guy ins Verderben stürzte.

Die Ehe lief nicht so gut, wie man an dem Cover von HARD CANDY leicht erkennen kann: sie trägt einen schwarzen Badeanzug und Overkneestiefel aus schwarzem Lackleder und sitzt mit weit gespreitzten Beinen auf einem Stuhl. Das an sich wäre nicht besonders erwähnenswert. Ist ja Madonna. Die Pointe liegt darin, dass die Kamera direkt auf ihre, oder sagen wir, in ihren Schritt hält. Man sieht als erstes zwischen ihre Beine und beginnt erst dann, quasi um sich zu neutralisieren, nach ihrem Gesicht zu suchen. Es ist weiter oben abgebildet. Sie hat die Augen im Schlafzimmermodus halb geschlossen und den Mund halb geöffnet. Auch in der Louis-Vuitton-Kampagne zeigt sie soviel von dem, was sie zwischen den Beinen hat, dass man die Handtaschen ganz vergisst, und stattdessen Angst bekommt, was sie uns zeigen könnte, wenn sie bald 60 wird. Möge Jesus sie davor bewahren.