Gemeingut


Na – wieder mal erfolglos die „Frigitte“-Frühjahrsdiät abgebrochen? Dabei ist es doch ganz einfach, den monatelang abgehangenen Winterspeck loszuwerden, man muß sich nur an Chrissie Hynde halten: „Fleisch stinkt nicht nur“, kratzbürstete die militante Vegetarierin anläßlich einer Benefiz-Aktion zugunsten der Tierfreunde-Gruppe „People for the Ethical Treatment of Animals“ im New Yorker Hard Rock Cafe, „Fleischfressen macht auch dumm und fett!“ Genau! Auch wir sind überzeugte Vegetarier: Viel Salat, Gemüse, Kartoffeln und in der Mitte ein saftiges Steak. Und bei den trockenen Soja-Burgern, die Chrissie servierte, bekommt zwar so mancher Vielfraß eine Staublunge, der lästige Appetit dagegen vergeht einem allemal. Wesentliche Neuigkeiten in Sachen „Fleisch ja oder nein?“

hatte zwar auch HyndeKollegin Liza Minelli nicht zu bieten, aber deshalb heißen diese ersten, gemein guten Seiten in ME/Sounds ja ab sofort auch nicht mehr „News“ sondern „GemeinGut“.

¿ Die Fleischeslust ist ohnehin eine Sucht, die nicht früh genug bekämpft werden sollte, am besten schon im Säuglingsalter. Doch das stößt oft auf erbitterten Widerstand, wie jetzt Annie Len, nox feststellen mußte. Sie hatte sich vor der Geburt ihres Töchterlein Lola mit Ehemann Uri Fruchtmann, ein israelischer Filmprodu-„zent, darauf geeinigt, daß der Sproß vegetarisch großgezogen werden soll. Die ersten Monate haben sie bitter ernüchtert, denn Lola ist gierig nach Fleisch‘: „Wie soll ich die Kleine fleischlos ernähren, wenn sie mir bei jedem Stillen wie eine Irre in die Brustwarzen beißt?“

¿ Doch das alles ist nichts gegen das Problem, das zur Zeit die Rolling Stones bedrückt — sie haben keinen Bassisten mehr. Während es Regisseur Julien Temple beim Videodreh zur aktuellen Single »High Wire“ noch gelang, Bill Wymans Fehlen einigermaßen geschickt zu kaschieren, motzt Keith Richards: „Weiß doch der Teufel, warum Bill nicht zum Dreh gekommen ist. Leidet der Hund an seiner zweiten Menopause oder was?“ Gerüchten zufolge soll Bill noch nicht einmal auf der Single mitgespielt haben, er zog es vor, in London zu schmollen. Der (Hinter-)Grund: Mick & Keith hatten durchsickern lassen, die nächste Stones-Platte vielleicht als Duo mit richtigen Profi-Musikern an der Seite einzuspielen.

¿ Um richtig gute Musiker an seiner Seite war Sting nie verlegen, auch bei seiner aktuellen Tour hat er wieder die Mucker-Creme auf der Bühne. Er selbst hält sich zwischen den Konzerten mit einem maßgeschneiderten Trainingsprogramm fit — er radelt auf dem Stützrad verwöhnten Drahtesel seines kleinen Sohnes und schwört ansonsten auf das alte Musiker-Rezept:

„Krantraining, Fressen und Sex, und von allem möglichst viel.“

Gut, daß Sting das Saufen vergessen hat, schließlich sieht man am tragischen Beispiel von Ringo Starr, wohin der Aufruf zum ungezügelten Alk-Konsum führen kann. Doch auf seine alten Tage hat er es nun doch geschafft, dem Teufel Alkohol für immer die Rücklichter zu zeigen. Bis auf ein Ziegenbärtchen rasiert, kehrte Ringo aus dem Entziehungsheim zurück. Stolz prahlt er nun: „Sosehe ich um zehn Jahre jünger aus — und genauso fühle ich mich auch.“

Es ist eine Geißel der Menschheit: Was treibt nur immer wieder ordentliche junge Männer dazu, ihre glänzende Zukunft, zum Beispiel als Versicherungssachbearbeiter, an den Nagel zu hängen, die Haare wachsen zu lassen und als versoffener Rock ’n‘ Roller am musischen Hungertuch rumzunagen?

Paul Rodgers einstmals Sänger bei Free und Bad Company, lüftet den Schleier des Mysteriums: ,Natürlich hafte ich auch in einer Bank arbeiten können, aber als Rock-Sänger bekommst du einfach mehr Weiber ab!“ Damit’s auch wirklich klappt, hat Paul seit vielen Jahren sein eigenes Rezept: „Ich schreibe seit jeher Texte, die so simpel sind, daß sie auch die letzte Dorf-Tussi kapiert. Und dabei geht’s natürlich immer nur um das Eine.“ Das eine oder andere Mägdelein, bestätigt Kenny Jones (The Who), der in Pauls neuer Combo The Law die Trommeln quält, habe Rodgers dadurch schon weichmachen können. Dennoch scheint die Paarungs-Frequenz eher im Ultratiefbass-Bereich gelegen zu haben. Kenny schelmt: „Neulich in einer Bar, da hat Clint Eastwood seine Weibergeschichten ausgepackt. Seitdem besteht Paul darauf, daß wir nur noch in diesem blöden Cowboy-Outfit rumlaufen.“

Hand aufs Herz — die wahren Helden unserer Zeit haben derart abgegriffene Klischees nicht nötig. Bart Simpson, die Ninja Turtles oder auch Kuschel-Alien Alf kreieren ihr ganz persönliches Image. Und haben damit, wie das Beispiel des katzenfressenden Melmac-Dissidenten zeigt, sogar als Pop-Star Erfolg. Unterstützt von der deutschen Synchro-Stimme Tommy Piper erpbert Alf mit den it-lnterpretationen wie „Raus aus dem Senf“ (Pump Up The Jam“) auf seinem ersten Album JETZT SING’ICH die Ohren der Nation. Und da Melmac-Bewohner eine Lebenserwartung von 650 Jahren haben, hat Alf erst Recht das Zeug zum Teenie-ldol. Er prahlt: ,lch bin erst 230, da habe ich doch meine schönsten Jahre noch vor mir.“

Beim Barte des Propheten — als ob sich noch nicht genug Pop-Heimer in die Golf-Diskussion eingemischt hätten: „Saddam wird niemals einen Heiligen Krieg führen können“, dozierte Yusuf Islam, der vor Jahren zum wahren Glauben konvertierte Folk-Star Cat Stevens, auf einer Moslem-Konferenz im britischen Bradford, ,weil die arabische Nation erkannt hat, daß sein Glaube nur von den Lippen, aber nicht aus dem Herzen kommt.“ Yusuf braucht nicht auf einen Anruf Allahs bei dem mobilen Funktelefon warten, das er Tag und Nacht mit sich führt — er weiß auch so die Antwort auf die Frage, wie es am Golf weitergeht:

„Nur wir Aufrichtigen werden die arabische Nation gegen den Teufel der Ungläubigen einigen können.

Was man glauben soll, ist aber nicht immer nur eine Frage des Herzens.

Whitney Houston zum Beispiel soll doch wirklich geglaubt haben, daß sie die US-Nationalhymne vor dem Anpfiff zum Superbowl-Endspiel tatsächlich live gesungen hat:

„Ich habe wirklich in das Mikro reingesungen und war mir sicher, daß mein Gesang über die Lautsprecher kommt“, verteidigte sich Whitney, die für diesen patriotischen Akt sogar ein Dankestelegramm von George Bush erhalten hatte. Tatsache ist, daß Houston eine Woche vor ihrem Auftritt die Hymne als Single im „Lighthouse“-Studio zu Los Angeles eingespielt hatte. Laurence Estrin, der Toningenieur, der an diesem Abend den Monitor-Sound mischte, läßt jedoch die Katze aus dem Sack: „Wir hatten Whitneys Gesang vom Band eingespielt — ihr Mikro war tot.“