Ganz normal verrückt


Am Leben und an der Welt leiden ja gerade Musiker gerne mal. Niemand aber klingt dabei so fröhlich wie Of Montreal.

„Ist der wirklich verrückt?‘ lautet die erste Frage, als ich einer Freundin erzähle, dass ich gerade mit Of-Montreal-Frontrnann Kevin Barnes telefoniert habe. Die Antwort fällt nicht leicht: Irgendwie schon. Das behauptet Barnes selbst, und wenn man 08/15-Popsongs gewohnt ist, kommt man nicht umhin, der Musik von Of Montreal etwas Schizophrenes zu bescheinigen. Überbordend und genresprengend sind die Songs, deren Melodiebrillanz manchmal an die Sparks denken lässt; Barnes bedient sich bei Pop, Soul und Indie – trotzdem scheint alles stimmig … bis man merkt, dass zwischen Texten und Melodien eine Kluft klafft, dass Barnes traurige, melancholische, sarkastische, manchmal regelrecht zynische Geschichten und Beobachtungen in die zuckrigen Weisen bettet, die auf den ersten Blick so fröhlich heranschaukeln. „Wenn ich an der Musik arbeite „, sagt er über den Schaffensprozess, ..öffne ich mir einen Raum, der mich für kurze Zeit die reale Welt vergessen lösst, der schön und ruhig ist. Ich sperre meine Probleme aus und entspanne mich, indem ich mir was Schönes beschere. Das ist therapeutisch und fast meditativ. Zuviel Melancholie würde mich runterziehen. Aber die Texte haben selbstverständlich viel mit meinem Leben und meiner Persönlichkeit zu tun. Die letzte Zeit war ziemlich düster. „

Barnes, derdie Songs auf hissing fauna, are you the destroyer?, dem achten Album der vor zehn Jahren gegründeten Band, in chronologischer Reihenfolge geschrieben und eingespielt hat [..Das ergibt eine ganz eigene Dynamik, weil jedes Stück auf die vorhergehenden aufbaut“}, sieht in der Kunst seine persönliche Rettung.“.Dos hat jetzt nichts mit diesem ganzen kathartischen Gefaselzutun“, stellt er klar, „aber es ist ein wichtiger Bestandteil für mich, der mir hilft, alles zu verarbeiten. Eine Art der Kommunikation, die mir erlaubt, alles zu sagen, was mir wichtig ist, ohne permanent unterbrochen zu werden – sowohl von einem Gegenüber als auch von mir selbst im Reflexionsprozess.“ Dass er zuviel von sich preisgeben könnte, ist für ihn nicht der Rede wert: „Es ist doch okay, wenn die Leute alle sehen und hören können, dass ich Probleme habe, mit Ängsten kämpfe, zuweilen derangiert, ja verrückt bin. Das ist doch ganz normal. Irgendwann müssen wir alle lernen, mit unseren psychischen Defiziten so normal umzugehen, wie es angemessen ist, oder?“ Die Frage nach seinem Wesenszustand hat er präzise und überdeutlich selbst beantwortet. Doch ist das was Besonderes? Nicht wirklich. Es klingt nur besonders. Und das ist ja die Hauptsache. >>>

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