Freedom Freedom Festival in Langelsheim
Sie rollt wieder, die bundesrepublikanische Festi-Welle. Jedoch nicht mehr in Städten und deren Super-Super-Hallen, sondern der Trend zur Natur und der Drang zu bäuerlichen Idylle macht sich bemerkbar. Das jedenfalls musste man annehemen, als vor rund 2 Monaten in Langeisheim zum „Freedom-Festival“ aufgerufen wurde. Wer kennt schon Langelsheim? Diesen 6813 Seelen zählenden Ort am Rande des Harzer Berglandes. Nun, für rund 18.000 Besucher war Langeisheim 3 Tage der Nabel der Popwelt. Die Eintrittspreise hielten sich ebenso wie die Kosten für Essen und Trinken im Rahmen. Trotz dieser Voraussetzung gab es keinen „Freedom“. Rockergruppen terrorisierten mal wieder Besucher und knöpften den Leuten Geld ab, was sie in die eigene Tasche steckten. Ein weiteres Minus, was man dem 27-jährigen Veranstalter, Werner Liebig, ankreiden soll und muss, war, dass für die 18.000 nur ein Toilettenwagen und eine Wasserleitung zur Verfügung standen. Werner Liebig, sonst Veranstalter von Beat-Konzerten im eigenen Beatclub in Langeisheim, hob sich mit dieser, seiner 1. Grossveranstaltung, organisatorisch fast einen Bruch. Die einzige Zufahrtsstrasse zum Festivalplatz, der übrigens zu klein war, war blitzschnell von Autos aller Fabrikate verstopft. Dadurch kam es zu Verzögerungen und Verspätungen im Programm, weil die Bands mit ihren Equipments nicht durchkamen. Die einzige Ampel im Dorf, die ohne Hilfe der Polizei den Verkehr regeln sollte, gab schon nach kurzer Zeit ihren Geist auf. Man schaltete sie ganz ab. Trotzdem konnte es der Veranstalter, was seine Improvisation anbelangte, mit so manchen Gruppen aufnehmen. An den drei Tagen spielten über 22 Gruppen, zum Teil bis 5 Uhr morgens. Die interessanteste war ohne Zweifel die Neugründung von GARY WRIGHT, der mit seiner 1. LP „Extraction“ in Deutschland grosse Erfolge verbuchen konnte, und auf dem Festival nicht minder. Weiter MAN, die mal wieder über 2 Stunden ihr Publikum mit ihrem eigenen Sound begeisterten. Aber auch die holländische Formation BOBBEYS CHILDREN kam ohne Zugabe nicht von der Bühne. Mit zu den in Deutschland noch unbekannten Gruppen gehörte SAM APPLE PIE und NEW MICK ABRAHAM GROUP; diese beiden Bands konnten aber durch ihre brilliante Rockmusik sehr bald die 18.000 für sich begeistern. ASHTON, GARDNER & DYKE, eine der besten drei-Mann-Formationen in England, landeten mit ihrer Musik am Sonntag einen Volltreffer. Man sah wieder Leute, die tanzten und sich an dieser aussergewöhnlich harten Musik begeisterten. Mit der Zugabe klappte es leider nicht mehr, weil irgendwelche Schwierigkeiten am Bassverstärker aufgetreten waren. Die meist bewunderte Persönlichkeit: CHRIS FARLOWE von COLOSSEUM. Mit seinem ungewöhnlichen Stimmvolumen zog er alle Aufmerksamkeit auf sich. Und als er nach der Darbietung friedlich Autogramme schrieb, konnte man von der Anspannung, die noch v.or ein paar Minuten herrschte, nichts mehr merken. Von den deutschen Gruppen, die in grosser Zahl vertreten waren, stachen außer den Bekannten, wie THE CAN, FRUMPY und MYTHOS auch unbekannte heraus, die durch eine sehr eigenständige Musik die Zuhörer fesselten. Ich denke an ELOY aus Hannover oder SCORPIONS.
Trotz optimaler Eintrittspreise und noch eben erträglicher Belästigung durch Rocker, meine ich, muss eine andere Möglichkeit gefunden werden, um Musik zu hören „und zu gemessen“. Viele Mitglieder von Gruppen sind nicht mehr bedingungslos mit solchen Mammutveranstaltungen einverstanden, wie es noch vor Jahresfrist der Fall war. Auch die Zuhörer bei solchen Festivals äussern sich immer kritischer über solche Veranstaltungen. Deshalb meine ich, dass sich die Initiatoren von solchen Mammutfesten etwas Neues einfallen lassen müssen.