Fantasy ohne Grenzen


Kampf der Titanen mit Harry Hainein, Laurence Olivier, Ursula Andreas und Maggie Smith.

Produzent Charles Schneer spricht von einer „zeitlosen Geschichte von Treue, Schicksal und Bestimmung“, sein Promotion-Büro von einer „Fabel-Verfilmung, die größer als die Sage ist. Die Rede ist von einem wirklich hinreißend gelungenen Fantasy-Epos aus HoUywood, dem „Kampf der Titanen“.

Alles begann im Jahre 1952, als das prähistorische Monster „Rhedosaurus“ die „Panik in New York“ auslöste. Das Urviech war eine Erfindung des raffinierten Film-Animators Ray Harryhausen, brachte den Kinos Gewinne in Millionenhöhe und wurde zum Vorbild für die endlose Serie billiger SF-Filme der 50er Jahre.

„Panik in New York“ war der erste Film Harryhausens, der live gedrehte Realaufnahmen mit animierten Modellen paarte. Der Erfolg ließ den Meister nicht ruhen: Immer perfekter gestaltete er die von ihm erfundene „Fotografie der gestoppten Bewegung“, reihte immer wieder einzeln aufgenommene Bilder aneinander, bis die Bewegungsabläufe seiner Kritik endlich standhielten und sich nahtlos in die Live-Szenen fügten. In „Sindbads 7. Reise“ zum Beispiel mußte sich der Titelheld mit einem Skelett duellieren. In „Herr der drei Welten“ schickte er Gulliver ins Land Lilliput. Für „Sindbad und das Auge des Tigers“ choreographierte Harryhausen das Duell des Helden mit einem riesigen lebenden Koloß aus Metall und Sonnenenergie. Und in „Gwangis Rache“ zeigte er den Todeskampf zweier prähistorischer Urwesen so virt tuos, daß selbst die gestrenge Film-Enzyklopädie des Bucher-Verlages nur einen Einwand formulierte, daß nämlich .das Vergnügen mit seiner Kunst mit einiger Duldsamkeit im Ertragen des Rahmenprogramms erkauft werden muß.“ Nun wird, nach 29 Arbeitsjahren Harryhausens beim billigen Kommerzfilm, die Enzyklopädie in ihrer nächsten Ausgabe von der Ehe zwischen dem Stop-Motion-Trickkünstler und einem 15-Millionen-Dollar-Projekt berichten können, das der renommierte englische Regisseur Desmond Davis diesen Monat als „Kampf der Titanen“ in die Kinos bringen wird.

Im „Kampf der Titanen“ stehen zum erstenmal nicht die Sensationen, sondern die poetische Geschichte im Vordergrund der Handlung. Zum erstenmal ist Harryhausens pfiffige Arbeit nicht spektakuläre Höhepunkte des Lichtspiels, sondern eingebettet in einen richtigen Erzählfluß. Die „Greta Garbo der Spezial Effekte“ hat ihren Meister gefunden.

Zur Realisation hat es des vereinigten Donnergrollens der MGM-Gewaltigen und des Griechengottes Zeus bedurft Die ersten gaben die Millionen, der zweite lieferte die Story. Gedreht wurde mit ungeheurem Aufwand und einem Star-Aufgeoot allerersten Ranges (von Harry-Hamlin bis zu Laurenne Olivier, von Ursula Andress bis zu MaggieSmith) in Griechenland, Italien, Spanien, auf Malta und in den Londoner Pinewood-Studios. Basis der Filmhandlung ist die Liebe des Hellenen Perseus zur schönen Andromeda, seine Abenteuer mit dem geflügelten Pferd Perseus, dem mehrköpfigen Sagenhund Zerberus und der schlangenhäuptigen Medusa.

Allerdings: Das Filmteam deutete die hellenische Sage auf die dem Hollywood-Kino eigene Weise. Weil die Sagen-Gestalten angeblich flach sind und keine Charakter-Motivationen haben“ (so der Autor Beverly Cross) wurde die Ur-Geschichte um einige zusätzliche Monstren und Fabelwesen aufgestockt Die Riesen-Krake, die die Stadt Argos bedroht ist eine nordische Mythenfigur. Der Sumpf-Fürst Calibos erinnert an Shakespeare. Und die kluge mechanische Eule Bubu – übrigens Harryhausens erstes Geschöpf, das eine komische Funktion erfüllt – ist ein Kind von R2D2.

Und dennoch erweckt die Kino-Ehe zwischen griechischer Mythologie, Harryhausens Trick-Effekten, der poetischen Erzählform und einer erlesenen Farbfotografie die Jahrtausende alte Geschichte zu schönstem Kino-Leben. Sehenswert, wie Harry Hamlin – sozusagen eine Kreuzung aus Jesse James und Superman – durch die Lüfte reitet Frappierend, wenn das steinerne Abbild der Thetis, vom Sockel gestürzt und geköpft, im Staub zu sprechen beginnt Liebenswert, wie Regisseur Davis die olympische Götterschar mit menschlichen Schwächen ausstattet.

Kein Zweifel: Das schönste Geschenk, das uns das Kino diesen Sommer bescheren wird. Wer im Juli in die Ferien geht braucht auf .Kampf der Titanen* nicht zu verzichten – der Film läuft gleichzeitig weltweit an.

E.O. Jauch