Reportage

Mit Faber auf Tour: Die Schweiz gibt dir einen Zungenkuss


Faber aus Zürich schaut durch eine wallende Haartolle von emo-mäßigem Ausmaß. Sein Blick als Songwriter ist dennoch bestürzend präzise, die Musik seiner Band ein vibrierender Hybrid aus Folk, Punk und Welt. Linus Volkmann fuhr ein paar Stationen auf ihrer Tour durch die Schweiz mit.

Faustregel: Erst im Tourbus kann man sich richtig kennenlernen. Aufgrund der Enge bleibt einem ja auch gar nichts anderes übrig. Stoisch fährt uns Jonas durch die Nacht, während auf den vielen billigen Plätzen kleckernd Schnaps ausgeschenkt wird. Über das Soundsystem des Leihbusses schallt ausgesuchte Weltmusik sowie Songs der vielen weiteren Projekte, in die die Bandmitglieder noch verstrickt sind – bemerkenswert sicher Mandolinist Max, dessen Duo den Namen Laurent und Max trägt, und durch deren kunstvollen Schwyzer Filter sogar der latent minderbemittelte Sportfreunde-Gassenhauer „Applaus Applaus“ zu etwas ganz und gar Großartigem überführt werden kann.

„Apropos Mandoline …“ ergänzt Faber und erzählt die Story, wie jene am Morgen noch quer über die Autobahn gesegelt sei, bloß weil er sie beim Losfahren auf dem Dach habe liegen lassen. Bemerkt wurde es erst, als sie bei einem Ausweichmanöver plötzlich über die Autobahn flog. Staunend habe die Band ihr dabei zugeschaut und war beeindruckt von einem Typen mit Rastas, der anhielt, über die hochfrequentierte Fahrbahn ging und ganz relaxed sein Leben riskierte, nur um dem Haufen wildfremder Jungs ihr Instrument zu retten. „Das hat mir das Vertrauen in die Menschheit wiedergeben“, sagt Max ernst.

Ein sehr angenehmer Rausch

Bei so viel überlieferten Kifferheldentaten möchte man sich dann auch nicht ausnehmen, als die Kunde von CBD überbracht wird. Ein tiefdosiertes Gras, das zwar kaum THC enthält, aber dennoch einen sehr angenehmen Rausch erzeuge. In der Schweiz sei dies aktuell gerade das Ding, zumal es sich hierbei um ein noch freiverkäufliches Produkt handelt. Naja, das war Spice vor den ersten Todesfällen auch mal, denke ich, möchte aber den Einheimischen gegenüber auch nicht unhöflich sein.

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Am nächsten Morgen führt Faber noch ein wenig durch seine Heimat Zürich, die immer wieder auch eine Rolle in seinen Songs spielt. „Wichtig ist das schon, aber eine Stadt kann dir nie so viel geben wie Freunde und Familie. Und weil ich die hier habe, kann ich mir aktuell auch nicht vorstellen, wegzuziehen. Trotzdem, Zürich ist einfach eine harte Stadt, wenn du nichts arbeitest, dann bist du hier auch nichts. Das gilt zwar auch in anderen Städten bis zum gewissen Grad – aber in Zürich bist du wirklich nix.“

So sieht Faber dann auch in der hiesigen Popszene bis auf „vielleicht einige gute Techno-Clubs“ nichts größer Erwähnenswertes.

„Vieles klingt doch wie schon oft gehört, man ist immer ein paar Jahre hintendran mit seinen Sounds. Und wenn mal wer was Spannendes macht, ist er meist ganz schnell weg Richtung Berlin. Der Rest singt meistens in so einem bemühten Englisch, das finde ich ganz wirklich schlimm, das will ja letztlich auch niemand hören.“

Als offizieller Botschafter für die Schweiz oder gar für die junge Züricher Bandszene taugt Faber wirklich nicht. Inoffiziell sieht es allerdings anders aus. Da werden er und seine Band das Thema Schweiz garantiert noch sehr nachhaltig in die Thekengespräche der deutschsprachigen Welt nageln.

Wer also hinter dieser Nicht-EU-Grenze bloß noch Berge, Schokolade und Banken sieht, sollte spätestens jetzt mal wieder seinen Blick schärfen.

Die Faber-Story ist in der Juli-2017-Ausgabe des Musikexpress erschienen.

Wenn Ihr Faber live sehen wollt, hier findet Ihr die nächsten Konzerttermine.