Europe


Was ist aus Schwedens Metal-Pop-Propheten geworden? Immerhin hatte sich das Quintett aus dem hohen Norden mit nur einer einzigen Single, „The Final Countdown“, gleich weltweit in die Spitze des Heavy Rock katapultiert und sich an die Fersen von Größen wie Bon Jovi, Van Halen oder Def Leppard geheftet. Doch auf die reine Weste ihres plötzlichen Erfolges fielen sehr bald schon bedenkliche Schatten. Besonders live blieben sie den Beweis musikalischer Eigenständigkeit allzu oft schuldig, konnten selbst noch so gestenreiche Posen ihres singenden Blickpunkts Joey Tempest den offensichtlichen Mangel an Ausstrahlung kaum kaschieren. Zweieinhalb Jahre nach ihrer letzten Tour durch die Heimat legten sich Joey, Mic Michaeli, Kee Marcello, John Leven und Ian Haughland mächtig ins Zeug, um auch den letzten Zweifler mundtot zu machen. Abgeschottet von der Außenwelt, bereiteten sie sich fünf Tage lang intensivst auf die Tour-Premiere in Malmö vor. Nicht wie erwartet „The Final Countdown“, sondern „Ready Or Not“ vom aktuellen OUT OF THIS WORLD-Album eröffnete den lOOminütigen Reigen und lieferte damit das Thema des gesamten Abends: Hit oder Niete? Wie schlagen sich Europe unter der Last der hohen Erwartungen? Mein erster Eindruck: tapfer, wenn auch bisweilen verkrampft. Die innere Anspannung löste sich bei den Akteuren nur selten. Songs der letzten beiden Alben bildeten die Basis der dezent dekorierten und von effektvoll eingesetzten Lichtern illuminierten Show, in deren Verlauf vor allem ein Aspekt besonders deutlich wurde: Während Joey Tempest als Sänger und telegener Frontmann nach wie vor im Zentrum schmachtender Blicke aus dem Publikum steht, zeichnen inzwischen Keyboarder Mic Michaeli und Gitarrist Kee Marcello für klare Stilkonturen verantwortlich. Sie sind die eigentlichen Säulen des Europe-Sounds, nicht nur in „Carrie“, „Rock The Night“ bis hin zu „Let The Good Times Roll“, der aktuellen Single. Auch „Coast To Coast“, in Klänge aus der Hammond-Orgel gehüllt, lebt vornehmlich von ihrem pointierten Spiel.

Längst zum guten Ton eines jeden Gigs gehört Ian Haughlands spektakuläres Drum-Solo am Bühnenrand. Dem gebürtigen Norweger sitzt der Schalk geradezu im Genick, wenn er behende bis ausgelassen über sein Stand-Kit fegt und die recht steife Live-Atmosphäre wenigstens zeitweise auflockert. Zwei Zugaben zum Abschluß, natürlich inklusive der Yuppie-Hymne „The Final Countdown“, und Joeys flotter Fünfer hatte die erste Hürde halbwegs passabel überwunden. Fazit: Trotz letztlich allgemeiner Begeisterung im weiten Rund der Arena steht Europe noch ein weiter, beschwerlicher Weg bevor. Ein Hit allein macht bekanntlich noch keine Mega-Band.