Die selbsternannten Hüter der Popkultur hätten Eminem längst in ihre Arme geschlossen, würde sich der nicht beständig einer Umarmung entziehen: Weder die vier American Music Awards, noch den Oscar für „Lose Yourself‘ hat er im letzten Jahr persönlich entgegen genommen. So viele Millionen er auch verdient hat – an Glamour liegt dem blassen Rapper, Schauspieler und Labelchef von Shady Records, der auch 2004 wiederfur fünf Grammys nominiert ist, noch immer nichts. Losgelöst vom kommerziellen Erfolg wird sein Wert als Künstler noch immer unterschätzt. So waren im letzten Sommer viele überrascht, dass sich mit dem geschätzten englischen Poeten Seamus Heaney (64) nun auch ein Vertreter der intellektuellen Elite in die Reihen der Verehrer eingliederte. „Eminem hat einen Stromstoß durch eine ganze Generation geschickt“, sagte Heaney, dessen Urteil seit seiner Lehrtätigkeit als Professor für Poesie an der University Of Oxford einiges Gewicht hat. „Und das ist ihm nicht nur durch seine subversive Haltung gelungen, sondern auch durch seine sprachliche Ausdruckskraft.“Neben visionären Musikern wie Timbaland, Pharell Williams und Chad Hugo haben große Sprechgesangskünstler wie Notorious B.I.G., Dizzee Rascal, Nas und Jay-Z dazu beigetragen, dass sich HipHop zu einer vielschichtigen Kunstform entwickelt hat. Der unantastbare Meister des kreativen Umgangs mit der englischen Sprache aber ist Eminem. Mit seiner Produktion von GET RICH OR die tryin‘ machte er zudem 50 Cents Platte zu einem der bestverkauften Debüts aller Zeiten. Mit seiner brillanten Gaststrophe in „Patiently Waiting“ aber erinnerte er alle daran, was 50 im Vergleich zu seinem Mentor ist: ein schlampiger Reimaufsager. Danke dafür: Seine Strophen in Jay-Zs „Renegade“ aufTHE blueprinT gehören zu den akrobatischsten Raps aller Zeiten. Utas hat er uns beschert? Einen neuen Maßstab für den kreativen Umgang mit Sprache im HipHop.
Das wollen wir als nächstes von ihm hören: Ein „dreckiges“ Street-Album incl. einem versteckten Bonustrack, auf dem Missy gastiert.
