Die Liste aller bisherigen Vorwürfe zeigt das Ausmaß des Skandals um Harvey Weinstein
Mehr als 20 Frauen werfen dem Produzenten Vergewaltigung oder sexuelle Belästigung vor. Die Geschichten der Frauen zeigt, wie systematisch er dabei vorging.
Am 5. Oktober veröffentlichte „New York Times“ einen Artikel, der offenbarte, dass der einflussreiche Produzent und mehrfache Oscar-Sieger in den vergangenen Jahrzehnten Frauen sexuell belästigte und systematisch Anwälte und Mitarbeiter seiner Produktionsfirmen eingespannte, die seine Vergehen vertuschten. Die Enthüllungen um Harvey Weinstein reißen seitdem nicht ab: Der Produzent hat vor wenigen Tagen zwar einige Vorwürfe dementiert, allerdings auch angegeben, sich in eine Therapie begeben zu wollen.
Das entsprechende Statement, das Weinstein an die „New York Times“ geschickt hat, kam einem Geständnis gleich und sorgte für Entsetzen. Weinstein schrieb, dass er eben in der Arbeitswelt der 60er und 70er sozialisiert wurde. Die Folgen für ihn sind fatal: Die Weinstein Company feuert ihren Gründer, seine Frau trennte sich von ihm, etliche Weggefährten verurteilen ihn, die Justiz dürfte sich ebenfalls bald einschalten. Amazon und Disney beraten aktuell darüber, Projekte mit Weinsteins Firmen abzusagen.
Drei Frauen werfen Weinstein konkret Vergewaltigung vor, viele andere wurden von ihm Bedrängt und belästigt. Die Liste der Fälle wird jeden Tag länger, hier ein Überblick:
Die italienische Schauspielerin Asia Argento soll laut eigener Aussage von Harvey Weinstein 1997 in einem Hotelzimmer an der Côte d’Azur um eine Massage gebeten worden. Anschließend sei es gegen ihren Willen zu Oralsex gekommen. Die damals 21-Jährige habe nach diesem Vorfall aus Sorge um ihre Karriere mehrmals mit ihm geschlafen.
Lucia Evans lernte Weinstein 2004 in einem Club kennen und verabredete ein Treffen, da sie Schauspielerin werden wollte. Im Miramax-Büro in New York habe Weinstein sie bei diesem Treffen zum Oralsex gezwungen.
Eine Schauspielerin, die ihren Namen nicht nannte, berichtete in einem Artikel des „New Yorker“, Weinstein habe sie unter einen Vorwand in ein Hotelzimmer gelockt und sich ihr sexuell aufgezwungen. Aus Angst vor Weinstein wollte sie in dem Artikel anonym bleiben.
Angelina Jolie wendete sich per E-Mail an die New York Times. „Ich hatte in meiner Jugend eine schlimme Erfahrung mit Harvey Weinstein und habe beschlossen, niemals wieder mit ihm zu arbeiten“. Des Weiteren habe sie andere Frauen vor einer Zusammenarbeit mit ihm gewarnt.
Gwyneth Paltrow war 22 Jahre alt, als sie auf den Durchbruch hoffte. Laut eigenen Aussagen war sie zu einem Meeting mit Harvey Weinstein verabredet. Der Produzent hätte seine Hände auf sie gelegt und vorgeschlagen, das Meeting in sein Schlafzimmer zu verlegen und es mit Massagen fortzuführen. Später rief er sie an und brüllte ins Telefon: Sie solle niemandem von dem Erlebnis erzählen.
Schauspielerin Rosanna Arquette berichtete, sie wurde Anfang der Neunziger von Weinstein dazu gedrängt, dessen Penis zu berühren, konnte aber ihre Hand wegziehen. Daraufhin, soll er gesagt haben, sie mache einen großen Fehler. Weinstein sei nicht nur nachtragend, sondern wolle auch Leute zum Schweigen bringen, weshalb sie nach diesem Vorfall einen Karriereknick erlitten habe, so Arquette.
Im Enthüllungsartikel der „New York Times” sagt Ashley Judd aus, sie sei bei Geschäftstreffen in einem Hotel in Los Angeles von Weinstein gefragt worden, ob sie ihn massieren oder beim Duschen zusehen könne. Ähnliches beschreibt Schauspielerin Mira Sorvino. 1996 soll er sie in einem Hotelzimmer massiert und ihr aufdringlich hinterhergelaufen sein. Einige Wochen später soll er sie sogar in ihrer Wohnung aufgesucht haben und verschwand erst, als sie sagte, ihr Freund unterwegs auf dem Weg nach Hause.
Lea Seydoux schrieb in einem persönlichen Essay im „Guardian”, dass Weinstein sich in einem Hotelzimmer auf sie gestürzt und versucht haben soll, sie zu küssen. Laut Seydoux sei Weinstein nicht der einzige Mann in Hollywood. Sie kenne viele, die ähnlich seien – darunter auch mehrere Regisseure, die versucht hätten, sie zu küssen. Sie nannte keine Namen.
Harvey Weinstein soll Rebecca Traister im Jahr 2000 sexistisch beschimpft haben. Die Journalistin schrieb damals einen Artikel über eine Begegnung mit ihm.
Jessica Hynes twitterte, Weinstein habe ihr eine Filmrolle angeboten, als sie 19 gewesen sei. Die britische Schauspielerin sollte beim Vorsprechen einen Bikini tragen. Sie lehnte ab, den Job bekam sie aber auch nicht.
Rose McGowan vereinbarte 1997 mit Weinstein nach einen Vorfall in einem Hotelzimmer eine außergerichtliche Einigung, ein Schuldeingeständnis seitens Weinstein gab es nicht. Ein Schreiben über die Zahlung liegt der New York Times vor, eine „Einigung auf Frieden“ sei zu entnehmen. McGowan beschuldigte Ben Affleck am Dienstag der Heuchelei, er solle von Weinsteins Fehlverhalten gewusst haben. Am Donnerstag meldete sich McGowan erneut und konkretisierte ihre Vorwürfe gegen Weinstein. Er soll sie vergewaltigt haben, mehrfach sogar.
Schauspielerin Claire Forlani berichtet, dass sie Weinstein fünf Mal entkommen konnte. Auch ihr bot der Produzent in seinen Hotelzimmer Massagen an, Forlani konnte sich aus den Situationen herauswinden.
Judith Godrèche berichtete von einem Vorfall 1996 beim Filmfest in Cannes. Dort lud Weinstein die französische Schauspielerin in seine Hotelsuite ein, habe sie nach einer Massage gefragt, sich an sie gepresst und ihren Pullover hochgezogen. Sie verließ daraufhin das Zimmer.
Beim Filmfest 2010 in Cannes bot Weinstein Emma de Caunes eine Rolle an. In seinem Hotelzimmer soll er nackt und mit erigiertem Penis erschienen sein und sie aufgefordert haben, sich aufs Bett zu legen, da das schon viele Frauen für ihn gemacht haben sollen. Nachdem sie das Zimmer verlies, habe Weinstein sie danach wiederholt angerufen.
Schauspielerin Kate Beckinsale berichtete am Donnerstag davon, dass sie mit 17 Jahren ein Meeting mit Weinstein hatte. Zur Überraschung für sie fand es nicht im Konferenzsaal eines Hotels, sondern ebenfalls in Weinsteins Hotelzimmer statt. Wieder wartete er im Bademantel. Sie lehnte Alkohol ab und verschwand. Jahre später fragte er sie, ob sie er bei ihrem ersten Treffen „Irgendetwas“ bei ihr versucht hätte. Die Schauspielerin erzählt, dass Weinstein es mehrfach bei ihr versucht hätte, sie manchmal als „F***e“ beschimpfte und sogar öffentlich Witze darüber machte, dass sie ihn ablehnt.
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TV-Reporterin Lauren Sivan erzählte, Weinstein habe in einem geschlossenen Restaurant vor ihr onaniert – in eine Topfpflanze. Vorher habe er versucht, sie zu küssen. Aus Angst um ihre Karriere habe sie diese Geschichte lange für sich behalten.
Cara Delevingne schrieb am Mittwoch auf Instagram: Weinstein rief sie an und fragte, ob sie mit den Frauen, mit denen sie in den Medien zu sehen sei, geschlafen habe. „Es war ein sehr seltsames und unangenehmes Telefonat“, schrieb Delevingne. Sie habe zwar keine seiner Fragen beantwortet, doch Weinstein sagte ihr „Wenn ich homosexuell sei oder mit einer Frau zusammen sein wolle, vor allem in der Öffentlichkeit, würde ich niemals die Rolle einer heterosexuellen Frau bekommen oder es als Schauspielerin in Hollywood schaffen”. Bei einem Meeting, dass einige Zeit danach stattfand, wollte Weinstein, dass Delevingne eine andere Frau küsst, die bereits auf Weinsteins Hotelzimmer gewartet hat. Die Schauspielerin konnte sich aus der Situation herauswinden.
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Dawn Dunning soll 2003 von Weinstein wegen möglicher Filmrollen in seine Suite eingeladen worden sein. Weinstein sagte Dunning bei diesem Treffen mutmaßlich, sie könne nur unterschreiben, wenn sie sich auf einen Dreier, unter anderem mit Weinstein selbst, einlasse. Nachdem sie die Aussage für ein Witz hielt, soll er laut geworden sein und ihr zu Versehen gegen haben, dass die Branche so eben funktioniert.
Keiner würde ihr glauben, dachte Katherine Kendall, weshalb sie lange über die Begegnung mit Weinstein schwieg. Kendall besuchte den Produzenten 1993 in seiner Wohnung, wo sie von einem nackten Weinstein durch die Räume gejagt worden sein soll.
Emily Nestor arbeitete als Bürokraft in Weinsteins Firma, als er sie überredet haben soll, ihm ihre Telefonnummer zu geben. Er drängte sie zu einem Treffen und soll dabei über sein Sexleben geprahlt haben. Nestor sagte, Weinstein habe seine Machtposition ausnutzen wollen, um Sex zu bekommen.
Um zu testen, ob sie in eine Nacktszene passt, soll Weinstein Tomi-Ann Roberts 1984 aufgefordert haben sich auszuziehen. Die damals 20-Jährige ließ sich nach eigener Aussage nicht darauf ein.