Der Frühaufsteher
Hochkonjunktur in Sachen Johnny Cash: Tribute- Alben, Biografien und eine neue CD des „Man In Black". Gute Gründe für ein Frühstückstelefonat.
Guten Morgen, Mr. Cash. Ich habe gehört, dass Sie in aller Herrgottsfrühe entweder arbeiten oder Musik hören. Was stand denn heute auf dem Programm?
Ich bin seit fünf Uhr auf den Beinen und habe mir Bänder mit Folkmusic aus den Appalachen (nordamerikanisches Gebirge, Anm. d. Red.) angehört. Ich kann das New Country-Zeugs aus Nashville nicht ausstehen. Wenn, dann höre ich alte traditionelle Country-Sachen, aber auch gerne ganz alten Black Gospel, Fieldsongs und so was.
Dos spiegelt sich in der Songauswahl für „A Man Comes Around“ nur bedingt wieder – das Album besteht zur Hälfte aus Popklassikern von den Beatles über Depeche Mode bis Nine Inch Noils.
Mein Produzent Rick Rubin schickt mir aus Kalifornien immer Vorschlagslisten mit Songs, die ich aufnehmen solle.Wenn sie mir gefallen, mache ich ein Demo davon, das schicke ich dann wiederum an Rick, und er mailt dann so eine Art Kritik an mich.
Kamen Popsongs wie Depeche Modes „Personal Jesus“ oder „Hurt“ von Nine Inch Nails auf Rubins Initiative mit auf das Album?
Im Fall von .Personal Jesus‘ stimmt das, aber den Sting-Song beispielsweise habe ich vorgeschlagen. Ich höre schon auch aktuelles Zeugs, nur nicht frühmorgens …
Sie sind kürzlich 70 geworden und gefragter denn je. Fühlen Sie sich auch weiser als früher?
Ja, eindeutig. Und vor allem glücklicher. Ich habe meinen Frieden mit der Welt gemacht und bin dankbar für meine großartige Familie. Aber es gibt auch eine Sache am Alter, die mich sehr stört: dass meine Gesundheit keine Tourneen mehr erlaubt. Den Kontakt mit dem Publikum, vor allem den Kontakt mit den jungen Leuten, den vermisse ich sehr!
Sie haben sich immer auch in gesellschaftlichen Fragen engagiert. Was halten Sie vom aktuellen Zustand der amerikanischen Gesellschaft?
Er ist sehr gut! Der Schock des 11.9. hat dazu geführt, dass die Menschen zusammenhalten wie noch nie zuvor in der Geschichte unseres Landes! Mit einem Mal kümmert man sich wieder um seine Mitmenschen – ich finde das sehr gesund!
Unterstützen Sie die Angriffspläne der Bush-Administration gegen den Irak?
Ich bin total dagegen. Ich habe da viele Einwände, aber ich fürchte, die UN-Waffeninspekteure werden nicht zu sehen bekommen, was sie sehen wollen. Und das Ende vom Lied wird sein, dass Bush seine Angriffsmaschinerie in Gang setzt. www.johnnycash.com