Denkmal ohne Superman


Langweilig wird ihm so ganz bestimmt nicht. „Nehmen wir an, ich schaffe jedes ]ahr ein Album „. träumt der 30jährige. „Dann habe ich, bis ich weitüber 70 bin, immer was zu tun. Wenn mir nichts mehr einfällt, könnte ich mit anderen Künstlern kollaborieren. Und wenn ich nicht mehr kann, mußjemand anderer mein Erbe antreten. „In Anbetracht der Tatsache, daß Stevens mit dem zweiten Bundesstaaten-Album Come On Feel The IIllinoise erst ein 25stel des Pensums erledigt hat, klingt das sehr sonnig. „So schlimm ist es gar nicht“, lacht er. „Für Rhode Island habe ich beispielsweise nur eine Single geplant. Bei so kleinen Staaten reicht das.“

Illinois muß demnach riesengroß sein, inspirierte es den Songwriter doch zu ganzen 22.Tracks. „Ich fange mit Staaten an, in denen ich schon gewohnt habe oder die ich sehr gut kenne. Michigan ist meine Heimat, deshalb war der Anfang leicht“, sagt er. „In Illinois habe ich zwar nie gewohnt, aber ich habe viele Freunde in Chicago.“ Der Rest ist Recherche: Stevens stützt sich in vielen Songs auf Tatsachen, Geschichten, Geschichte: UFO -Sichtungen, Probleme von Stahlarbeitern, menschliche und urbane Legenden und den guten alten Abe Lincoln. Dennoch scheint jedes Wort zu schwingen vor Intimität und Persönlichkeit. „Es ist einfach, sich auf eine andere Perspektive einzulassen, wenn man möchte“, glaubt er. Ursprünglich schrieb er Geschichten. „Songwriting funktioniert für mich ganz ähnlich wie Schriftstellern, auch wenn ich andereWorte und meine Ohren dafiir benutze. Ich habe einmal eine Geschichte aus der Sicht einer Frau während der Menopause geschrieben. Natürlich kann ich als Mann nicht wissen, wie sich das anfühlt. Ich weiß ja nicht mal, wie es sich anfühlt, seine Periode zu haben. Aber ich habe eine Mutter und vier ältereSchwestern. Und Phantasie. “ Um ein Denkmal zu setzen, braucht man nicht unbedingt Hammer und Meißel, man braucht zu allererst einen Grund. Und dieser ist für Stevens die Aufund Ansammlung von überlieferungswerten Geschichten. Seine Songtitel sind der Alptraum eines jeden Mixtape-Beschrifters (etwa „Let’s Hear That String Part Again. Because l Don’t Think They Heard It All The Way Down In Bushnell“), aber wer etwas zu berichten hat, muß sich nicht zwangsläufig kurz fassen.

So bringt das Arbeitstier Stevens einen weiteren Staat in unglaublichem Facettenreichtum groß raus. Und ganz Illinois fühlt sich geschmeichelt. Ganz Illinois? Nein, ein verhärmter Comic-Verlag macht Zikken, weil Superman auf dem „Illinoise“-Cover abgebildet ist. Die zweite Lieferung gedruckter Booklets muß ohne ihn auskommen. Das ist albern, sorgt aber auch für Sammler-Euphorie. Wie überhaupt diese ganze 50-States-Geschichte. Als nächstes ist übrigens „wahrscheinlich Oregon „an der Reihe, an dem Stevens schon parallel ein wenig gearbeitet hat – mit gutem Grund: Wenn er die Fertigstellung seines Projekt noch erleben möchte, muß er sich ein bißchen ranhaken.

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