Deacon Blue
Mit schönen, einfachen Dingen zu spielen, ohne sich von ihnen vereinnahmen zu lassen – was die schottischen Deacon Blue auf ihren zwei bisher erschienenen Alben exzellent exerzierten, hatten sie auch live fest im Auge. Als zweiten Song einen Rock ’n‘ Roll-Rausschmeißer wie „I’m Down“ in standesgemäß dezent geglätteter, nicht mal uncleverer Version zu bieten, verblüfft zunächst, paßt jedoch haargenau in ihr Konzept.
Frontmann Ronnie Ross präsentiert den intellektuellen Pop-Sänger, der sich offensiv den Club-Anforderungen stellt. Coole Kontrolle, geschickte Duos mit Co-Sängerin Lorraine Mclntosh, gelenke Turneinlagen auf den PA-Türmen: Sein Repertoire an bühnenwirksamen Exkursionen ist ebenso breit wie das musikalische Spektrum der Band, deren zweites Album WHEN THE WHOLE WORLD KNOWS YOUR NAME die von der britischen Presse hoch gelobte Allianz von Steely Dan- und Prefab Sprout-Elementen souverän weiterentwickelte. Wohlweislich streuen die Sechs aus Glasgow die fuzzbetonten Gitarren-Akzente von Einpeitscher Graeme Kelling an exponierten Stellen und erzeugen so ein stimulierendes Wechselbad aus sensiblen Balladen und refrainseligen Uptempo-Rockern.
Zwischen Rock-Gitarre und Akkordeon entsteht nicht nur Exotik, sondern eine amüsante stilistische Gratwanderung, die das Publikum im Handumdrehen auf die Beine bringt. Und natürlich auch zum Zuhören: Fast schon tu diszipliniert stellt sich das Auditorium stets behende auf die Stimmungen ein, lauscht, tobt, klatscht oder schweigt.
Weniger befriedigend dagegen der mitunter etwas schräge Sound, der bei Deacon-Blue-Trümpfen wie „Real Gone Kid“ die Illusion von der magischen Harmonie doch empfindlich störte. Manche Songs entglitten ihnen gar, ein Schwanken und Zittern ergriff das Drahtseil, doch das solide Rock-Rückgrat von Drummer Douglas Vipond und Bassist Ewan Vernal brachte sie in diesen gefährlichen Momenten schließlich wieder sicher ans glückliche Ende. Kein Absturz jedenfalls – und sympathisch vor allem der Mut zum Risiko, ausgiebiger Spielfreude und unmittelbaren Reaktionen. Fazit: Eine Band mit komplexem Stil und leichtem Hang zur Kopflastigkeit – doch live siegt der Drive …