De Niro stieg in den Ring: „Wie ein wilder Stier“ – Intensive Milieustory


Robert de Niro, in der Rolle des Ex-Mittelgewichtsweltmeisters Jake La Motta, stellt einen neuen Höhepunkt in der Zusammenarbeit De Niro/Scorsese dar. Der erste war „Hexenkessel“, der im gleichen „Little Italy“ spielte, das auch den Rahmen bildet für Aufstieg und Fall des Boxers Jake La Motta. Als Box-Film ist „Ragin‘ Bull“ das Intensivste, was dieses Genre je hervorgebracht hat. Keine Stunts, keine gestellten Szenen. De Niro trainierte ein Jahr, so daß der echte Jake La Motta heute voller Anerkennung meint, er könne sofort ins Profi-Geschäft einsteigen.

De Niros Authentizitäts-Wahn ging sogar soweit, daß er sich für die Darstellung von La Mottas Niedergang in Frankreich 50 Pfund Übergewicht angefressen hatte und die verquälte Mimik des Gescheiterten in seiner eigenen Unansehnlichkeit nachgelebt hat (in England kursiert folgender Witz: Ist es wahr, daß Robert de Niro die Hauptrolle in „Long John Silver“ übernommen hat und nun darauf besteht, daß man ihm sein rechtes Bein abhackt?).

„Ragin‘ Bull“ ist ein überaus schnell erzählter Film, der ständig die Dramatik in der ursprünglichen Vitalität seiner Protagonisten, die immer wieder in Rücksichtslosigkeit und Brutalität ausartet, und ihren Konflikten mit Stärkeren (Mafia) und Schwächeren (Ehefrauen) auslebt. Erst gegen Ende bekommt der Film einen ruhigeren, besinnlicheren Duktus. Aber das sind die Bilder des Scheiterns (Der Ex-Boxer reißt schlechte Witze in schlechten Nachtclubs).

So dumm der deutsche Verleihtitel so klug ist ausnahmsweise die deutsche Synchronisation vorgegangen: hervorragende Dialogregie und kongeniale Sprecher.

Scorsese hat seinen Film in schwarz/weiß (auch hier Authentizitätswahn im guten Sinne: die Story spielt weitgehend in den Vierziger Jahren) gedreht, aber mit einer äußerst modernen Bildführung und Schnittechnik, die jedem seiner Filme näher ist, als der verträumten Nostalgie-Fotografie eines Woody Allen.

Nur einmal leuchtet kurz Farbe auf. Es sind von Scorsese nachgestellte Super-8-Streifen, die La Motta, auf dem Höhepunkt seiner Karriere, selbstgefällig, aber rührend und amateurhaft, während des kurzen Höhepunktes seiner Karriere gedreht haben soll. Nur ein Wort gegen den Film: Die Qualität und Intensität des bisher größten De Niro/Scorsese-Films „Taxi Driver“ erreicht „Ragin‘ Bull“ nicht ganz.