Cramps – Roxy, Los Angeles


Im Roxy sind die Sitzplätze entfernt; Cocktails werden in Pappbechern ausgegeben. Auf zwei zusammengenähten Bettlaken die Billigausgabe einer Black-Sabbath-Lightshow (Kruzifix usw.), dazu eine Batterie von Weih-Kerzen. Die lockige Poison Ivy, kaugummikauend, strahlt die Kühle einer arktischen Gartenparty aus und lockt aus ihrer Gitarre einen blechernen, scheppernden Sound, vermittelt dabei aber den Eindruck, als feile sie sich die Fingernägel. Das Gesicht des Neuen, Kyd Congo, verschwindet genauso zur Hälfte hinter einer Haartolle, wie es bei seinem Vorgänger Bryan Gregory der Fall war. Seine Gitarre röchelt wie ein Lungenkranker. Drummer Nick Knox klebt wie Pilzbefall am Kit; sein Zombie-Look wird ergänzt durch das aktuellste transsylvanische Disco-Outfit. Frontmann Lux Interior, per Schuhlöffel in Lederhosen befördert, die jeglicher Schwerkraft trotzen plus passender Handschuhe, gebärdet sich wie das traurige Produkt einer Modern Dance-Klasse. Die Musik ist heruntergekommen, verhallt, gräßlich, pulsierend und dreckig wie immer. Der Sound berührt dich wie etwas widerlich Glitschiges, das nachts plötzlich zwischen die Decken schlüpft. Neo-Psychedelia – aber ohne diese Besessenheit der meisten neo-psychedelischen Bands, dir unbedingt deine Gedanken zu vertiefen und deinen Geist zu erweitern. Die Cramps geben sich damit zufrieden, grandiosen Schrott und B-Movie-Schund zwischen deinen Ohren anzuhäufen. Herrlich!

Der Set beginnt mit Stücken von ihrer neuen LP PSYCHEDELIC JUNGLE (vergl. Longplayers). „I Don’t Eat Stuff Off The Sidewalk“ glänzt mit surfiger Gitarre, „The Nations Are Restless“ mit packendem tribalpop. „Human Fly“ versetzt uns zurück in den Horrorfilm-Sound des ersten Albums, „Green Door“, ein C & W-Klassiker von Frankie Vaughn, erfährt durch die Cramps eine geradezu exzellente Wiederverwertung, und „T.V Set“ ist genau der Song, den die Tubes wohl immer gern geschrieben hätten. „The Crusher“ (was soviel wie Brechmaschine bedeutet) zählt schon zu den Zugaben, doch allein diese (offensichtlich ausschließlich) für Killer-Ringer vollführte Tanz-Demonstration war den Eintrittspreis wert. Obwohl sie diesmal ruhiger und – falls man es so nennen sollte – subtiler waren als bei ihrem letzten LA-Auftritt vor einem Jahr, gehören die Cramps noch immer zum Wildesten, was in den vergangenen Jahren im Roxy auf der Bühne stand.