Bright Eyes – Köln, Gloria


Sehnlich erwartet: Conor Oberst, mit fortgeschrittenen 27 und schwerem Hippie-Touch (nein, keine Angst!).

Eins vorab: Er war nüchtern. Es gab keine langen Monologe, linkisches Getapse oder Prominentenbeschimpfungen. Conor Oberst, inzwischen 27, scheint einen neuen Lebensabschnitt eingeläutet zu haben. Man hat ihn schon den neuen Dylan und den „spokesman ofageneration“ genannt. Beides kommt ja immer mal wieder vor, wenn sich ein junger Bursche im Beisein der Presse eine Gitarre umhängt und sich dabei nicht allzu blöd anstellt. Im Fall von Oberst fällt es jedoch einigermaßen schwer, den Nebel der Hysterie beiseite zu wedeln. Vor dem Konzert im ausverkauften Gloria herrscht jedenfalls diese feierlich gespannte Stimmung. Es ist deutlich zu spüren, wie sehnlich die Leute auf das dürre Männlein warten. Wie auf einen, der tatsächlich noch etwas zu erzählen hat, an dessen Vortrag man hängt. Das wiederum kommt so häufig nicht vor.

Als die Band auf die Bühne schleicht, kommt Oberst natürlich als Letzter. Er sieht immer noch unglaublich jung aus. Dabei ist er eigentlich ein 27-jähriger Greis, hinter dem jetzt schon ein langes, legendäres Leben liegt. Darf ein junger Mahn überhaupt so alt sein, fragt man sich noch, oder ist es gerade Obersts Ernsthaftigkeit, das Wichtignehmen jedes Wortes, das ihn so jung wirken lässt? Doch da hebt er seine Akustikgitarre schon in die Senkrechte und beginnt mit „I Must Belong Somewhere“ vom neuen Album CASSADAGA, ein scheinbar ewig währendes Strophengepurzel und wirklich ganz schön, nun, dylanesk. Das Publikum – keine Indie-Uniformierten wie sonst so oft, sondern das, was man früher Hippies genannt hätte; dem Aussehen nach kritische junge Leute und solche, die kritische junge Leute mögen – hängt sofort bedingungslos an Obersts Lippen. Wenn er singt, hat dies zumeist die Dringlichkeit eines Auffahrunfalls. Seine Stimme ist gepresst und peitschend; man hört geradezu die Spucke fliegen. Dennoch hängt Patchouli-Atmosphäre über der Bühne: Zeitgenossen, die auch nur über leicht hippiefeindliche Reflexe verfügen, könnten angesichts der barttragenden, wuschelkopfigen Musikanten da oben leicht der gruseligen Vorstellung erliegen, auf den Augsburger Liedertagen 1972 gelandet zu sein. Aber Bright Eyes machen nur das, was schon Dylan, The Band und Gram Parsons taten: Sie schöpfen aus einer uralten amerikanischen Tradition und überführen Country- und Folk-Strukturen in einen modernen Kontext: strubbeliger Indie-Folk-Rock – moderner, inspirierender und aufwühlender als aller „New Rave“, „Post-Emo“ und der angeklebte Schnurrbart des „Killers“-Sängers zusammen.

Etliche Stücke stammen von cassadaga. Klangen Bright-Eyes-Platten bislang wie ein unaufgeräumter Bioladen mit leer getrunkenem Weinregal und agitationswilligem Betreiber, so ist cassadaga ein Feinkost-Geschäft mit Wellness-Bereich für gestresste Politaktivisten und Pilzefresser. Bei Songs wie dem ätherischen „Middleman“ und der Single „Four Winds‘ kein Problem. Vor allem Letzteres wird so ungestüm dargeboten, dass man sich sorgt, jeden Moment Instrumentensplitter ins Auge zu kriegen. Der reguläre Teil endet mit „Soul Singer In A Session Band“ – einem bösen, selbstironischen Song über die permanenten Nöte jedes ambitionierten Musikers. I followed the bread crumbs, butl nevergot home“, singt Oberst. Als ob dieser menschgewordene feuchte Traum von Kerouac je nach Hause kommen wollte. »>www.brighteyes.com

Ich fand’s schwach. Ich war schon auf zwei Bright-Eyes-Konzerten und habe mich dabei noch nie so gelangweilt. Conor Oberst kam mir in seiner Freundlichkeit fast schon unehrlich vor:“ Lea, 17, Schülerin „Es war super. Das war mein erstes Bright-Eyes-Konzert, und mir hat besonders gefallen, wie gut aufgelegt Conor Oberst war. Eine runde Sache, hat sich sehr gelohnt.“

Rudi, 26, Student „Ich war gestern schon auf dem Berlin-Konzert -dawar die Setlist komplett anders. Mich hat’s mit dem ganzen Gefiedel sehr an Dulans DESIRE-Album erinnert.“

Rainer, 36, Musikmanager