Bright Eyes


Man ahnte, wusste das wohl schon, jetzt wird es noch einmal klarer: Conor Oberst ist eine Offenbarung.

Conor Oberst ist im Haus, und man könnte die sprichwörtliche Stecknadel fallen hören im brechend vollen Atomic. Dabei steht der 24jährige, der am Rande seiner Interview-Tour für die zwei im Januar erscheinenden Bright-Eyes-Alben I’M WIDE AWAKE IT’S MORNING und DIGITAL ASH IN A DIGITAL URN ein paar Solo-Akustik-Gigs spielt, noch gar nicht auf der Bühne, sondern ein anderer Songwriter aus Omaha, ein gewisser Simon Joyner. Und dabei ist dieser hagere End-3oer mit der schütteren Art-Garfunkel-Frisureine ziemliche Katastrophe, weil er keinen Ton trifft (nicht auf eine stimmige Neil-Young/Bob-Dylan-Art, sondern auf eine sehr quälerische Kann-nicht-singen-Art) und Zeilen singt äh „it’s four in the morning and I miss you“. Aber weil die meisten hier wissen, dass Conor Oberst Joyner als eine Art Songwriter-Übervater in Ehren hält, reißt man sich zusammen und lauscht respektvoll.

Und dann kommt er. Conor Oberst hat keinen guten Tag gehabt, Kreislaufprobleme, Erschöpfung, und danach sieht er auch aus, ais er jetzt bleich ans Mikro schlurft. Dann schlägt er eine Saite an, ganz leise, und fängt an zu singen, ganz leise, „Lua“, eine der zwei neuen Singles, das Lied über die Dinge, die so einfach sind im Schoß der Nacht und so unendlich kompliziert im Licht das Morgens. Und man ist schlicht in Bann geschlagen. Wie Oberst sich in den nächsten 70 Minuten ohne einen einzigen Hänger in seinen Tour-de-force-Textkaskaden, mit einem Ausdruck und Nachdruck, an dem jeder Zynismus zerschellt, durch seine allesamt auch in der spartanischen Akustikversion hinreißenden Songs atmet, gleichsam Lebenskraft aus ihnen, aus der Musik ziehend immer agiler wird und dabei den ganzen Club bis ins hinterste Eck under his spell hat, macht einem dramatisch klarer, was schon klar schien: Dieser Mann ist ein singuläres Talent. Und vielleicht hat er gerade erst angefangen.

Oberst singt „The Big Picture“, „Train Under Water“, drischt nach einem kleinen nachträglichen Wutausbruch über eine freche Bemerkung eines Gastes von vor dem Gig beim gänsehautmachenden neuen „At The Bottom Of Everything“ derart auf seine Gitarre ein, dass man Sachschaden befürchtet, und hat sich dann für das bezaubernde „First Day Of My Life“ wieder gefangen. Es folgen – unter anderem – „Song To Pass The Time“, das aufwühlende „Waste Of Paint“ und in den Zugaben eine berührend bröselige Version von „A Perfect Sonnet“, für die Oberst ein vorwitziges Mädchen zur Gitarrenbegleitung auf die Bühne bittet. Zum Schluss dann der – ebenfalls neue – „Land Locked Blues“, vielleicht einer der besten Songs, die Oberst bisher geschrieben hat. Betonung auf „bisher“.

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