Boys Don’t Cry


This Must Be The Place

von Paolo Sorrentino, Italien/USA 2011

*****

mit Sean Penn, Frances McDormand, Judd Hirsch

Sean Penn gibt den Robert Smith und jagt Naziverbrecher im amerikanischen Hinterland.

Er sei in seinem Leben einem geradlinigen Liebeslied nie mehr näher gekommen als mit „This Must Be The Place“, letzter Song auf dem Album Speaking In Tongues, sagt David Byrne, Kopf, äh, der Talking Heads, der hier auch gemeinsam mit Will Oldham für den Soundtrack verantwortlich zeichnet. Ein Liebeslied ist auch Paolo Sorrentinos Film mit selbem Titel geworden, der hier eine ganz gewisse Independent-Ästhetik der frühen 80er ganz fest an sein Herz drückt – die Zeit, in der die Talking Heads, The Cure und U2 jegliche Aggression des Punk endgültig abstreifen und fortan nur noch in sich ruhen, so unterschiedlich sie sonst auch sein mögen. All diese Bands vereint die Hauptfigur dieses Films auf sich, der ehemalige Rockstar Cheyenne, der auf der Höhe seines Ruhms alles stehen und liegen ließ und sich in sein selbst gewähltes Exil in Dublin zurückzog, wo für ihn die Zeit stehen geblieben scheint. Es ist ein Schock, wenn man Sean Penn erstmals sieht, sonst eher der Bruce Springsteen Hollywoods: Er sieht zum Schießen aus als 50-Jähriger, an dem das Leben vorbeizieht, ohne ihn im Entferntesten zu berühren. Er hat das groteske Äußere von Robert Smith, toupierte schwarze Haare und Lippenstift inklusive. Er spricht mit dem kieksenden Lispeln von David Byrne. Und er geht auch noch wie Ozzy Osbourne unmittelbar nach seinem ersten Schlaganfall. Dann löst sich dieser Ritter von der traurigen Gestalt aus der selbst gewählten Leichenstarre, als er vom Tod seines Vaters erfährt, was ihn zunächst nach New York und schließlich auf die Suche nach dem Mann führt, der den alten Herren einst im Konzentrationslager quälte. Sorrentino setzt dabei auf unmögliche Kamerawinkel und ungerührten Humor. Dass man dann doch gerührt ist auf dieser Reise eines Mannes zu sich selbst, ist Sean Penn zu verdanken: Er spielt diese potenzielle Nervensäge so anrührend, dass man sicher ist, dass dies ein Platz sein muss, den man nur ungern wieder verlässt. Start: 10. November