Boom Tschak: Der Preis ist heiß – Albert Koch über Vinyl, Moodymann und Theo Parrish


Vinyl: Erst teuer, dann vergriffen, dann noch teurer. Zum Beispiel die Platten von Moodymann und Theo Parrish.


Es vergeht kaum eine Woche, in der nicht irgendein Medium – Mainstream, Nische, online, offline, mit Stand- oder Bewegtbild – über die Rückkehr der Schallplatte berichtet. Aktuelle Jubelmeldung: Der Verkauf von Vinyl in den USA ist 2014 im Vergleich zum Vorjahr um 52 Prozent gestiegen. 9,2 Millionen Stück verkauft, Anteil am Gesamtmarkt: lächerliche sechs Prozent. Vinyl bleibt ein Nischengeschäft. Für Menschen, die gerne Nischenmusik auf dem Nischenmedium Vinyl konsumieren, waren im vergangenen Jahr zwei bestimmte Alben besonders wichtig: Kenny Dixon Jr. aka Moodymann und seine gleichnamige Doppel-LP und die 3er-LP AMERICAN INTELLIGENCE von Detroit-Legende Theo Parrish.

Beide Künstler beleuchten die deepere Seite von Deep House, unter Berücksichtigung der Vergangenheit (Soul, Funk, Blues, Jazz, HipHop) entwerfen sie neue Zukünfte der elektronischen Musik. Und stehen für ein Bewusstsein für afroamerikanische Kultur in Zeiten, in denen Afroamerikaner mit einer Welle von Rassismus und Polizeigewalt konfrontiert werden. Siehe Parrishs Spoken-Word-Beitrag auf AMERICAN INTELLIGENCE, in dem er eine von vielen Polizeikontrollen schildert, in die er immer wieder gerät, weil er die „falsche“ Hautfarbe hat.

So unterschiedlich die Herangehensweisen von Moodymann und Parrish auch sein mögen, ihre Alben haben eine Gemeinsamkeit: den Preis. Sie waren nicht unter 45 Euro zu haben, wenn sie denn überhaupt in einem Plattenladen zu finden waren. Mittlerweile liegt der Discogs-Preis für das Moodymann-Album zwischen 61 und 100 Euro, für das von Theo Parrish zwischen 45 und 80 Euro. Ja gut, es sind Importe. Und die Produktion von Platten wird auch nicht dadurch billiger, dass die wenigen verbliebenen Presswerke den Major-Labels als Auftraggeber den Vorzug vor den Indies geben. Die Tatsache aber, dass Hörer, die noch bereit sind, für Musik Geld auszugeben, mit Wucherpreisen bestraft werden, könnte sich als kontraproduktiv erweisen.

Diese Kolumne ist in der März-Ausgabe des Musikexpress erschienen.