Bon Iver
Man muss nichts über Bon Iver wissen, um von dem Album For emma, forever ago zutiefst berührt zu werden. Der entrückte, fast sakrale Falsettgesang, der für die Aufnahmen oft gedoppelt wurde und so eine ungeheuerliche Intensität entwickelt, die schlichte Gitarre, die als einzig tragendes Teil der zerbrechlichen Arrangements die Wirbelsäule dieser wunderbaren Songs darstellt — all das zieht einen Menschen mit einem offenen Herz ganz unweigerlich in seinen Bann. Wenn man dann aber irgendwann auf dem einen oder anderen Weg doch die Hintergründe erfährt-der 26jährige Justin Vernon hat nach einer gemeinen Leberentzündung einen ganzen Winter in einer entlegenen Holzhütte im Wald in Wisconsin zugebracht, sich von einem selbst erlegten Reh ernährt, seinen Laptop im Schnee vergraben und den ganzen Tag Aufnahmen auf einem Vierspur-Gerät gemacht, bis er die neun Songs seines Debütalbums geboren hatte-, dann ergibt alles noch ein bisschen mehr Sinn als vorher. Die Musik von Bon Iver (was französisch ausgesprochen wird, da es an „Bon Hiver“,“Guten Winter , angelehnt ist, was sich die Menschen in einer Stadt in Alaska früher nach dem ersten Schnee gewünscht haben) ist voller Wahrheit und besitzt bei aller Schlichtheit eine majestätische Größe.
„Ich hatte keine Ahnung, was da passierte. Die Landschaft hat mir auf jeden Fall ihren Atem eingehaucht“, sagt Vernon. „Die Musik scheint Leuten wirklich etwas zu geben. Das freut mich sehr, aber ich weiß nicht, wie viel das mit mir zu tun hat.“
Bon Iver for emma, forever ago (4AD/ Jagiaguwar/Beggars) »> ALBUMKRITIK S. 80