Ben Folds – Rockin‘ The Suburbs


Drei weniger zwei ist einer. Der heißt Ben Folds und haut immer noch in die Tasten - mit Pauken und Trompeten.

Nummer Fünf ist tot, Ben Folds lebt. Und allein klingt er wie zu dritt und atmet den Geist von Reinhold Messner. Das klingt nach einem zünftigen Tohuwabohu aus Cineastentum, Mathematik und Alpinimus, ist aber nichts anderes als die fabulöse Geschichte einer Band, die sich 1993 in Chapel Hill, North Carolina, zusammenraufte: Ben Folds Five. Ja genau: Die Band, die ganz bewusst das Instrument populärer Unterhaltungsmusik links liegen ließ. Die Gitarre war tabu im Kontext von Ben Folds Five; es rockte, swingte und tirilierte das Piano. Mit ganz viel Pop in allen Tasten und irgendwo zwischen Ragtime, hochglanzpolierter Musical-Perfektion, Bar-Jazz-Pop und all dem, was man sonst noch so rechts und links der Theken dieser Welt so hört.Ben Folds Five spielten Songs mit Glam, Grandezza und Gedöns. Zuweilen mit mehr Harmonien und weniger Brüchen als der große Burt Bacharach. Mit einem gerüttelt Maß an Pomp und Pathos und einer solchen Portion Bläsern und Gegeige,dass Elvis Costello und Joe Jackson staunend La Ola machten. Im Oktober vergangenen Jahres trennten sich Ben Folds Five; nicht etwa, weil man sich musikalisch voneinander entfernt hatte, eher aus geografischen Gründen. Drummer Darren Jessee und Bassmann Robert Sledge werkeln weiter in den USA-Jessee hat bereits eine neue Band, Sledge produziert andere Künstler im eigenen Studio -, und Ben Folds hat es nach Australien verschlagen. Der Liebe wegen. Schluss mit melodietrunkenen Liedern ist deshalb noch lange nicht. Folds ist auch als Vater von einjährigen Zwillingen und ohne die Zwei auf Rockin‘ The Suburbs immer noch wie mit den Five. Und selbstredend das, was er vor allem auf The Unauthorized Biography of Reinhold Messner, der letzten und besten Platte von Ben Folds Five, schon war: ein begnadeter Songwriter mit einem goldenen Händchen für schonungslos romantische Spinnereien.

„Good morning sun, I am a bird, wearing a brown polyester shirt“, singt Ben Folds in „Still Fighting It“. Aber ja doch: sieht man ja alle naselang, diese Vögel, die sich in braunes Polyester schmeißen. Bei „Zak And Sara“ peitscht Ben Folds die Töne wie nix Gutes und gibt gekonnt den Tasten-Rastelli, in „Gone“ bringt der Mann Chöre an den Start, die ohne weiteres den Backenbart von ELO-Mastermind Jeff Lynne zum Brennen bringen würden. Und dann lässt er in jenem Song seinem künstlerischen Herzeleid reichlich Auslauf und variiert hübsch das Thema der Identitätskrise. „I wake up in the night, all alone and it’s allright“, singt Folds, und natürlich ist nichts wirklich okay – aber es bringt ihn als nicht mehr ganz juvenilen Springinsfeld auch nicht um. Ben Folds ist auf Rockin‘ The Suburbs definitiv alleine mehr als die Summe der einzelnen Teile, das Gros der Songs hat er im Alleingang eingespielt – und auch, wenn in seiner Buchstabensuppe vor allem die Lettern „A“, „H“und „U“ schwimmen und er daraus reichlich beschwingte „Ahahas“ und „Uhuhus“formt, wohnt in seinen Songs auch immer das, was im Alltag sowieso seinen festen Platz hat: Melancholie. Zum Barfußtanzen schön, wie Folds sich in „Fred Jones Part 2“ mit Cake-Sänger John McCrea duettiert. Wunderbar, wie er in „The Luckiest“ die sentimentale Küchenmaschine auf höchster Stufe rotieren lässt. Bleibt der zehnte von zwölf Songs, mit denen Folds selbstverständlich alle Neune holt: Im Titelsong des Albums bratzt – Achtung: Debüt! Revolution! – eine Gitarre. „I’m rockin‘ the suburbs like Michael Jackson did“, singt er dazu. Donnerwetter. Die Begeisterung macht sich noch breiter, als sie ohnehin schon war; nach Diktat trotzdem ein Klavier gekauft.

www.benfolds.com