Ben Folds – Köln. Live Music Hall


Mann mit Klavier kommt in die Stadt. Sieht. Spielt. Hinterläßt 2000 singende, grinsende Menschen. Sir Simon Rattle? Hippiescheiß? Nein, nur der Ben-Folds-Effekt.

Pimp your life, leicht gemacht: Man muß sich nur schlecht informieren, dann kann man die tollsten Überraschungen erleben. Über ein halbes Jahr hingen die Tickets für die Ben-Folds-Soloshow, eines von zwei seiner ersten Deutschlandkonzerte seit der Auflösung der Ben Folds Five im Jahr 2000, die wegen einer Rachenentzündung von letztem November auf Anfang Juni verschoben worden waren, zu Hause an der Pinnwand. In diesen sieben Monaten hat man viel gelesen über und gehört von Ben Folds, aber eine Information ist uns wohl entgangen. So ist man recht erstaunt, auf der Bühne der zum Bersten gefüllten Live Music Hall, wo Clem-Snide-Chef Eef Barzelay gerade seinen Support-Slot beendet (Anmerkung: Wenn der im Herbst mit seiner Bond miederkommt, wie er zum Abschied ankündigt, dann sollte jedermensch, der eine der großartigsten Livebonds der Well sehen will, hingehen), neben einem Flügel auch ein Schlagzeug sowie eine Baßgitarre in Warteposition vorzufinden. Was ist hier los? Nun, Folds wird nicht wie einst angekündigt solo auftreten, sondern mit den zwei Herren, mit denen erauch sein neues Album Songs For Silverman aufgenommen hat. Ah.

Aber ganz auf der Brennsuppe sind wir auch nicht dahergeschwommen; einen kleinen Informationsvorsprung hat auch der ME: Beim Konzert in Berlin gestern, hört man, soll Folds zum Verdruß des Veranstalters den sauteuren gemieteten Steinway beschädigt haben, als er am Ende der Show übermütig seinen Hocker in die Tastatur schleuderte. Man darf sich also auf ein belebtes Konzert gefasst machen. Und das gibt es dann auch, und mit jeder Minute, die vergeht, nachdem sich Folds – Hornbrille, halblanges Strand-Dude-Haar – halbsitzend/federnd vor seinem Instrument platziert hat, wird klarer, was einem die letzten Jahre gefehlt hat. Für einen alten Five-Fan ist es zwar ein wenig wie Papi beim Knutschen mit seiner neuen Freundin zuzuschauen, wie Folds da mit Jared Reynolds und Lindsay Jamieson Spaß hat, rockt, beachboyig harmoniert und Breaks hin- und herschlenzt, wo eigentlich Darren Jessee und Robert Sledge stehen/sitzen sollten. Aber damit muß fan eben zu Rande kommen. Five- und Solohits türmen sich auf, rollen einher, zwischendurch ein kurioses Westcoast-Pop-Cover von Dr. Dres „Bitches Ain’t Shit“, das dessen grotesk frauenfeindlichen Text trefflich parodiert („can you feet Dr. Dre’s poin?“}, dann lassen uns Reynolds und Jamieson für ein paar Songs mil Papa Folds allein, der kurzerhand den gesamten Saal als Bläsersatzersatz für „Army“ einspannt. Das war nur das Warmlaufen, später im Zugabenblock holt Folds zur ganz großen Gotthilf-Fischer-Geste aus; Weist dem Publikum je nach individueller Stimmlage drei Gesangsparts zu. die zum bittersüßen „Not The Same“ einen gänsehauttauglichen Chor ergeben – welchen Folds in der Folge mit einfachen Dirigentenbewegungen improvisierend in ungeahnte Höhen entführt. Irgendwann steht er auf seinem Flügel, 2000 singende Menschen an seinen Lippen/Händen. Wir machen Musik zusammen, alles grinst sich einen. Das Ganze ist ziemlich unvergesslich, schon wieder mal.

Am Ende dankt Folds, der während des Konzertes immer wieder damit kokettiert hat, er könne gern noch ein paar Songwünsche erfüllen, schließlich komme er ja „nur alle zehn Jahre hier vorbei“, den Leuten von der Ben Folds Society, die ihn per Internet-Petition überhaupt auf die Idee gebracht hatten, in Deutschland könnte sich noch jemand für ihn interessieren (Danke, bei dem Weg. auch von dieser Seite). „Thanks for actually asking us to come.“ Auf daß wir das nächste Mal nicht wieder so lang betteln müssen. Dann schmeißt er den Stuhl auf die Tastatur, ganz vorsichtig. Köln is officially pimped.

>>>www.benfolds.com