Art-Rock-Festival
Die Schlangen sollen deine Scheiße fressen, deinen Arsch die Krokodile, die Piranhas deine Hoden.“
Dschingderassa-Bum. 4500 Deutsche (Müslis, Yuppies, kunstbeflissene Omis) drängelten sich zwei Abende an der Kasse, um zu lernen, daß „Art Rock“ keine Stilrichtung ist. sondern immer anders klingt.
Der Frankfurter Heiner Goebbels, der mit seinem neunköpfigen Ensemble den ersten Abend eröffnete, hatte für dieses Festival einen paranoiden Alptraum vertont/inszeniert (Ausschnitt siehe oben). Auf der Bühne krähte Ex-Fehlfarben Family 5-Sänger Peter Hein einen brillanten Arto Lindsay an, der seinerseits mit kräftigen Hieben auf die Gitarre und melodiösem brasilianischen Gesang antwortete. Die Geräuschkulisse reichte von groovenden Bläsern bis zu Lärmtiraden auf Klaviersaiten und Blechtöpfen: Stars der Krach-Oper waren neben dem Komponisten der Noise-Künstler Fred Frith und Jazz-Institution Don Cherry. Das war auch schon der unbestrittene Höhepunkt des Festivals. Danach eine lange Pause, untermalt von Anna Domino.
David Torn lieferte im Quartett entspannten, teilweise sphärischen Jazz-Rock und ließ seine Gitarren eher nach Synthesizer als nach Klampfe klingen. Auch das beeindruckende Solo von Yes/King Crimson/Genesis-Drummer Bill Bruford erwies sich erst bei genauem Hinsehen als Schlagzeug. Umwerfend sanft am Baß; Japan-Mann Mick Kam. Alles in allem eine runde Sache.
Was man vom Michael Mantler/ Nick Mason Projekt am nächsten Abend nicht behaupten konnte. Die vermeintliche „Supergroup“ (Pink Floyd-Schlagzeuger, lOcc-Gitarrist, Zappa Keyboarder) war vier Tage vor Auftritt erstmals zum Üben zusammengekommen und konnte Mantlers teilweise schrägen Kompositionen nur wenig Gefühl entgegenbringen. Dazu der Auftritt der Legende: Jack Bruce sah einmal mehr wie ein alternder Boutiquenbesitzer aus und sang verschrobene Texte. Erstklassige Musiker wurden verheizt.
Da war Holländer Michel Waisvisz mit seinen selbstgebauten Metallhandschuhen spannender. Mittels Schaltern und Sensoren, die auf jede seiner Finger-und-Armbewegungen reagieren, dirigierte er ein vielschichtiges Computer-Konzert. 20 Minuten lang waren die Zuschauer gebannt.
Mit dem glatzköpfigen Saxophonisten Peter Gordon verbindet Waisvisz lediglich der „Dunstkreis“ der Laurie Anderson. Gordon und seine Band beendeten das Festival, spielten zuerst kindlich-minimalistische Melodien, um dann mil bläserbetonten Funk-Stücken Laune zu machen.
Zwei Tage, die sich gelohnt haben, und — Stimme aus dem Publikum — „gut ausgerüstet, die Jungs“. Kein Wunder — nachmittags rührten sie auf der Frankfurter Musikmesse die Werbetrommeln.