Al Corley
Den „schwulen Carrington“ sieht man ihm nicht an. Und bei seinen häufigen Inspektionen des Münchner Nachtlebens schwirren so viele Schönheiten um den 27jährigen Ex-Denver-Star, daß man seine TV-Vergangenheit nicht allzu ernst nehmen kann. ME/Sounds interessierte sich natürlich mehr für die musikalischen Kenntnisse des ambitionierten Musikers, dessen erstes Album Squa Rerooms vor einem Jahr wohlwollende Zustimmung erzielte. Die zweite LP steht im Frühjahr ’86 an; in der Zwischenzeit spielt der fesche Hüne noch eine Hauptrolle in Eckhard Schmidts nächstem Streifen „Alpha City“. Herr Corley – bitte zum Blind Datei
Talking Heads: „Creatures Of Love“
„Klingt verdammt nach Country! So wie diese ganzen Johnny Lee-C&W-Schnulzen. Aber wer zum Teufel ist das? Mmh… die Stimme könnte von David Byrne sein. Er ist es! Hey, das ist ganz schön ungewöhnlich für die Heads. Auch die Akkordfolge würde ich nicht als typisch für die Band bezeichnen. Also das beste an dem Song ist wohl die Tatsache, daß David Byrne ihn interpretiert…“
Mink De Ville: „Easy Street“
„Toller bong! So eine Single würde zwar nie in die US-Top 40 steigen, aber das ist genau meine Richtung. Ist das ein Schwarzer? Ah! Jetzt weiß ich’s: Er hat einen etwas seltsam funkelnden Schneidezahn, stimmt’s? Jawohl, Willy De Ville! Super Baß-Linie, kompakte Bläser – das geht gut ab! Ich liebe seine soulige Stimme- und zudem sieht der Mann sehr exzentrisch aus. He’s a weird guy, ich mag ihn sehr gern…“
Eurythmics: „Adrian“
„Absolut keine Ahnung, wer das sein soll. Wobei mir die männliche Stimme bekannt vorkommt. Wer ist’s? Elvis Costello mit Annie Lennox im Duett? Uh, da wäre ich nie draufgekommen. Das Stück ist okay, auch wenn’s mich nicht gerade vom Hocker wirft. Ein nettes Liedchen mit einem frühen 70er Jahre-Feeling. Steve Gadd am Schlagzeug, Don Henley singt Background, undsoweiter…“
Maze: „Back In Stride“
„Greg Phillinganes, Chio Players, Kool & The Gang, Luther Vandross, James Ingram, Jeffrey Osbourne – und manchmal klingt der Sänger auch wie AI Jarreau. Super! Also, wer sich zu dieser Musik nicht bewegen kann, ist entweder gelähmt – oder er hat gerade einen Autounfall hinter sich gebracht…“
Velvet Underground: „One Of These Days“
„Das ist wohl steinalt, oder? Lebt der Sänger überhaupt noch? Bob Dylan wird’s nicht sein… Ah! Velvet Underground. Naja, ich war – aus welchen Gründen auch immer nie ein Lou Reed-Fan. Angenommen, es würde draußen regnen – und jemand würde die Nummer im Radio spielen, könnt‘ ich schon drauf stehen. Ähnlich geht’s mir mit alten Phil Spector-Platten: Höre ich sie zufällig, erinnere ich mich gerne an die Zeit. Das sind nette Souvenirs, nichts weiter.“
David Cassidy: „Romance“
„Keine Ahnung, wer das sein könnte, aber der Sänger klingt sehr gesund! Der Mann macht viel Sport, er atmet so effektiv! Lindsey Buckingham? Rick Nelson? Wie alt ist er? 35? Dann ist’s David Cassidy! Ich mag den Song sehr, obwohl ich mir die Platte nie gekauft hätte, wenn da David Cassidy auf dem Cover steht.“
Sting: „Childrens Crusade“
“ S-t-i-n-g! Great. Sting ist sowohl als Sänger und Songwriter exzellent. Eigentlich braucht er Police nicht mehr; ich glaube, diese Platte ist auch als ;ein Statement in diese Richtung zu verstehen. Ich habe noch nicht alle Songs gehört, aber ich bin mir sicher, daß The Dream Of The Blue Purples eine meiner Lieblings-Scheiben wird. Wie er die gesamte Jazz-Elite dazu bringt, seine Sachen zu spielen, finde ich nicht nur frappierend, sondern im Ergebnis auch umgeheuer spannend.“
Rick Springfield: „Written In Rock“
„Das müßte Rick Springfield sein. Ich weiß nicht… es ist natürlich etwas unfair für Springfield, nach Sting präsentiert zu werden. Tolle Produktion, keine Frage! Wahnsinniger Schlagzeug-Sound, kräftige Gitarren… das macht mich schon an, aber es klingt auch ein wenig bemüht.
Manchmal glauben Musiker, einen Hit haben zu müssen! Sie stopfen alles in die Produktion – statt den Song so zu präsentieren, wie er ursprünglich entstanden ist. Da heißt’s dann: Wir brauchen ein Phil Collins-Schlagzeug, wir brauchen ein David Sanborn-Saxofon… und das kann dann leicht zuviel des Guten werden.
Aber wir singenden Schauspieler haben auch dieses „Beweis-Syndrom“: Wir glauben mit aller Gewalt zeigen zu müssen, daß wir auch fähig sind, richtige Hit-Songs zu schreiben.“
Nena: „Woman On Fire“
„Ich weiß nicht, wer das ist, aber ich wäre sehr überrascht, würde ich grundsätzlich auf diese Band stehen. Nena? Aha. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß ihr jeder sagt, was sie zu tun hat, während sie selbst gar nicht checkt, was mit ihr passiert. Ich höre bei ihrer Stimme keine Persönlichkeit.
Klar, da war dieser originelle Luftballon-Song – und nun machen sich die Businessmen im Hintergrund natürlich Gedanken ums Image: Soll sie eine neue Olivia Newton-John werden oder was anderes? Vielleicht täusch‘ ich mich auch, aber ich glaube, sie hat für sich selbst noch keine Richtung gefunden. And that’s too bad!“