ABSOLUT OKAY


Neulich in Kreuzberg: nicht bei einer „Creative Expedition“ eines bekannten Wodka-Herstellers gewesen. Dort haben die Dänen WhoMadeWho nicht nur in einem Vortrag darüber Auskunft gegeben, wie die Musik ihrer letzten beiden Alben entstanden ist, sondern auch ein Akustik-Set gespielt. Anschließend: DJing mit Brandt Brauer Frick. Warum nicht gewesen und drei Wodka Tonic getrunken? Weil ich als politisch korrekt Sozialisierter „Events“, die von Herstellern von Markenartikeln gesponsert werden, ablehne? Nein. Einfach zu lange in der Redaktion gesessen, anschließend Kater gefüttert, danach: viel zu spät gewesen. Aber es stimmt: Veranstaltungen von Wirtschaftsunternehmen und solche, an die sich Wirtschaftsunternehmen ranhängen, sind in der elektronischen Musik keine Raritäten mehr. Im Rock wird ja jedes Festival von Dutzenden Unternehmen gesponsert, was im Kleingedruckten auf den Eintrittskarten und an Urin-getränkten Bannern an den Absperrungen abzulesen ist. Manchmal beim gemeinen Rockfestival wird jede einzelne Bühne an einen anderen Softgetränkehersteller oder Mobilfunkanbieter verhökert. Hauptinteresse: Imagegewinn, Erschließen neuer Zielgruppen, Gewinnmaximierung, so Zeug. Der Lohn für die DJs und Musiker: nicht selten eine Gage, die die eines normalen Auftritts um das Vielfache übersteigt. Ein ziemlich bekannter Hersteller eines Energy-Drinks veranstaltet seit 15 Jahren eine jährliche „Music Academy“. Unter den Teilnehmern waren A Guy Called Gerald, Caribou, Flying Lotus, Frankie Knuckles, Jeff Mills, Juan Atkins, Kode9, Mala, Moritz von Oswald, Terre Thaemlitz und Wolfgang Voigt. Sind das alles bedauernswerte Kreaturen, die ihre Seelen an die Großindustrie verkauft haben? Die Weigerung an gesponserten Veranstaltungen teilzunehmen ist schon lange kein kein Ausweis der Integrität mehr für einen Künstler. Wer sich darüber aufregt, sollte einfach mehr Musik kaufen.