Liam Gallagher

As You Were

Warner

Das Gesicht des Britpop hat in den letzten vier Jahren nach eigener Aussage nichts erlebt. Das hört man dem Solodebüt an.

„Solo record are you fucking tripping dickhead im not a cunt LG X“, twitterte Liam Gallagher am 4. Januar 2016 – wie es sich gehört, ohne dabei Wert auf Orthografie und Interpunktion zu legen. Lesen ja nur Zigtausende.

Ein gutes Jahr später kündigte der für seine Geradlinigkeit bewunderte Ex-Sänger von Oasis dann sein solo record AS YOU WERE an. Übersetzt heißt der Albumtitel so viel wie „Weitermachen!“ Mehr 1:1, weniger Extragedanke geht kaum. Siehe auch: Beady Eyes erstes Album, DIFFERENT GEAR, STILL SPEEDING – anderes Personal, dennoch Vollgas (in die Bedeutungslosigkeit), die exakte Beschreibung des Istzustands.

Seither spielt Gallagher die Songs seines großen Bruders live neben einem Schild, auf dem „Rock ‚N‘ Roll“ steht. Auf Platte singt er nun Stücke, die großteils Profis wie Greg Kurstin (Foo Fighters, Adele, Beck) für ihn verfasst haben, weil er nicht weiß, wie und worüber man Lieder schreibt.

Singen kann er, der seine ehemals engelsgleiche Stimme um die Jahrtausendwende gegen gestrecktes Geraunze eingetauscht hatte, auf einmal wieder (man höre und bestaune: „Paper Crown“), aber was er da so zusammensingt, dürfte „Our Kid“ wie gehabt selbst nicht verstehen: „Paraphernalia“, „epiphany“, „telephonic dosis, eliminate neurosis“ – diese Begriffe sind Neuzugänge im Vokabular Gallaghers.

Und so wirkt AS YOU WERE ziemlich ferngesteuert. Das ist dann nicht verkehrt, wenn man schöne Momente wie das orchestrale Outro von „When I‘m In Need“ oder das ausgerechnet wie Blurs „Tender“ beginnende „Universal Gleam“ bekommt. Doch den echten Gallagher und was immer es ist, wofür der ach so Standhafte steht, erlebt man hier nicht.

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

Da lässt er sich mit dem einzigen annähernd großartigen Song hier, „For What It‘s Worth“, dem Pendant zu Noels „My Big Mouth“, reumütig zeigen, giftet dann aber in „Bold“ gleich wieder gegen den Big Brother: „There‘s no love worth chasing yesterday“, in Anspielung auf dessen 2015er-Album. Ja, was will er denn? Oasis zurück, das ist klar. Aber wollen wir das auch? Mal Noels neues Album abwarten, das kommt schon nächsten Monat.