Neil Young: New York, Madison Square Garden Theater


ER HAT IMMER GENAU DAS GETAN, WAS KEINER VON ihm erwartete. Und von dieser Philosophie weicht Neil Young auch mit 53 Jahren nicht ab. Im Gegenteil. Spekulationen über eine umfangreiche CD-Anthologie seiner Karriere, an der Young arbeitet, halten sich seit Jahren; ein neues Studio-Album ist eingespielt (Gerüchte munkeln von einer wieder eher folkigen Angelegenheit), harrt aber noch seiner Veröffentlichung. Dann verkündet er plötzlich eine Reunion-Tour von Crosby, Stills, Nash & Young (die zweite nach 1988), geht aber lieber auf dreimonatige US-Tournee, ganz alleine und ohne große Vorankündigung. Neil Young tourt einmal mehr nur zum Spaß – in ausgewählten Theatern und Konzerthallen. Und er spielt für seine Fans, Tickets gibt es nur via Mail Order oder auf dem Schwarzmarkt. Und dort sind sie richtig teuer. Am zweiten Abend seiner drei New York-Konzerte rangieren die Preise zwischen 100 und 400 Dollar, je nach Bühnennähe. Aber die Investition lohnt sich. Weil dies der Theatersaal des riesigen Madison Square Garden ist, haben höchstens 2.000 Leute Platz – und so intim erlebt man den Meister nicht alle Tage. Schon gar nicht in dieser Atmosphäre: Die Bühne ist eingerichtet wie ein Wohnzimmer, mit Sofa, Barhocker, Couchtisch und Leselampe. Gemütlich. Und genau so läßt es auch Neil angehen: Im verwaschenen T-Shirt, mit Gitarre und kühlem Dosen-Bier schöpft er aus einem Fundus von 37 Songs, die er allabendlich zu einem neuen Set verwurstet. Schließlich will Young auf dieser Tour keine langweilige Routine aufkommen lassen. Das merkt man einerseits an den langen Monologen, in denen sich Neil an Tourerlebnisse und die Entstehungsgeschichten seiner Songs erinnert, andererseits auch am Set selbst, das viele Überraschungen birgt. Angefangen bei Frühwerken wie „Cinnamon Girl“,“Cowgirl In The Sand“ und „The Last Trip To Tulsa“ über „Cortez The Killer“ oder „After The Goldrush“ bis hin zu neueren Stücken wie „Harvest Moon“ wird alles mit der gleichen Inbrunst dargeboten. Daß er an diesem Abend auf „Heart Of Gold“ ebenso verzichtet wie auf „Rockin‘ In The Free World“, tut der Sache keinen Abbruch. Statt dessen intoniert er Neuzugänge wie „Slowpoke“, das mit der denkwürdigen Zeile „when I was faster, I was always behind“ aufwartet und dem Dauerbrenner ein verzücktes Grinsen entlockt. Wie gesagt: Neil Young ist immer für Überraschungen gut und das gilt heute mehr denn je.