Im Kommen: The Age of Anthrax


NEW YORK. Ein neues Album, das sie aus dem Speedmetal-Ghetto herauskatapultieren wird, obendrein ein supercooler Neuzugang am Mikrophon und sechs brutal gute Club-Gigs zum Anwärmen für eine Welttournee — das alles klingt nicht nach Anthrax, die uns noch vor fünf Jahren ihre ungenießbare Metal-Matschscheibe „State Of Euphoria“ um die Ohren schlugen. Aber kein Zweifel: Es ist die gleiche Band! Mit der exzellenten CD „Sound Of White Noise“, mit den nicht nur verständlichen, sondern überaus intelligenten Songtexten und den gezügelten Powerattacken haben sich Anthrax ein gewaltiges musikalisches Gummiband unter den Hintern

geklemmt, das sie schon sehr bald in die vorderste Reihe der Mega-Matadore katapultieren wird.

Der 90-minütige Auftritt in New Yorks vollgepf erchtem „Grand“-Club war der beste Beweis für die Prognose. Schon mit dem Opener „Potters Field“ (ein Song aus den Augen eines ungewollten Kindes erzählt) beweist der neue Frontmann John Bush (Ex-Armored Saint) seine Bühnenformat. Unglaublich routiniert versteht er es, die Instrumentalpower der vier Mitstreiter als Sprungbrett für seine Stimme zu nutzen. Und im Gegensatz zu seinem Vorgänger, dem gefeuerten Joey Belladonna, stolziert Bush nicht wie ein Metallgockel auf der Bühne, sondern weiß, wann er das Feld für Drummer Charlie Benantes Rammklotz und die Gitarren-Kaskaden von Dan Spitz und Ian Scott zu räumen hat.

Verständlich, daß sich Bush sichtlich wohler fühlte mit den neuen, mitkomponierten Songs wie „Room For One More“ oder „Hy Pro Glo“; ältere wie „A.I.R.“ (von „Spread The Disease“) oder „In My World“ packte er aber ebenso kraftvoll an wie die Metal-Version des Public Enemy-Hits „Bring The Noise“. Bushs Präsenz ist Meilen entfernt von der dümlichen Theatralik vieler seiner Kollegen. Sie ist zugleich das beste, was Anthrax im zwölfjährigen Bestehen der Band widerfahren konnte.

The Age of Anthrax ist — endgültig — angebrochen.