Marleys Millionen: Zastaman Vibration
Am 11. Mai 1981 starb Bob Marley in einer deutschen Spezialklinik an Krebs. Nach der Trauer der Fans und nach einem Staatsbegräbnis in Pomp und Ehren auf Jamaica ent- brannte der Kampf der Rechtsanwälte um die Verteilung der Tantiemen, die Marleys Reggae-Hymnen Jahr für Jahr noch einspielen.
Auf rund 30 Millionen Dollar (55 Millionen Mark) schätzen Insider den derzeitigen Wert des Marley-Erbes. Das ist kein Pappenstiel – verständlich, daß sich die Erben jahrelang um ihre Anteile stritten. Die Tatsache, daß Marley als überzeugter Rasta-Mann den Tod nicht anerkannte und deshalb konsequent auf ein schriftliches Testament verzichtete, machte die Angelegenheit nach seinem Tod nicht gerade leichter: Neun Jahre lang hatten insgesamt 19 Anwälte und viele Gerichte in verschiedenen Ländern alle Hände voll mit der vielschichtigen Multimillionen-Erbschaft zu tun. Jetzt endlich scheint sich eine haltbare Einigung abzuzeichnen, die alle Beteiligten zufriedenstellt.
Daran ist Chris Blackwell, der Boß von Marleys Plattenfirma Island Records, nicht ganz unbeteiligt. Er bastelte zäh und unermüdlich an einer außergerichtlichen Einigung, die jetzt endlich spruchreif ist. Sie soll in mehreren Stufen dazu führen, daß Bob Marleys Millionen im Rahmen einer Stiftung verwaltet und sinnvoll ausgegeben werden.
Blackwell mußte nicht nur mit Bobs Witwe Rita und mit seiner Mutter Cedella Booker verhandeln. Da mischten außerdem noch insgesamt elf Kinder mit sieben verschiedenen Müttern mit. Und es galt, das Tuff Gong Studio in Kingston zu schließen, das Marley vor 20 Jahren gemeinsam mit Bunny Wailer und Peter Tosh gegründet hatte und das zuletzt treuhänderisch von einem jamaikanischen Bank-Manager verwaltet wurde. Schließlich mußte sich Blackwell mit diversen Musikverlagen und ehemaligen Marley-Mitarbeitern einigen.
Der zeitliche Ablauf des Blackwell-Plans sieht zunächst vor, daß alle Rechte an den Platten und Songs des Reggae-Propheten sowie seine gesamten Besitztümer an den Island-Chef fallen. Die Liste dieser Erbstücke umfaßt angeblich 16 engbeschriebene Schreibmaschinenseiten.
Doch Blackwell sackt dieses Inventar nicht für eigene Konto ein. Sobald die „Bob Marley Foundation“ gegründet ist, was so schnell wie möglich geschehen soll, will er das gesamte Vermögen dieser Stiftung übertragen. Als Geschäftsführer soll Neville Garrick fungieren. Marleys alter Freund, der als Art Director für die Lightshows der Wailers-Konzerte sowie für die meisten Albumhüllen verantwortlich zeichnete.
Garrick freut sich auf den Job: „Es ist gut, daß Chris Blackwell diese nicht am Profit orientierte Stiftung auf die Beine stellt, die in erster Linie dazu dient, Bob Marleys Werk für immer zu erhalten und zu verbreiten.“ Nach einem ähnlichen Konzept wurde seinerzeit auch der Nachlaß von Elvis Presley in eine Stiftung überführt. Doch Garrick sieht gravierende Unterschiede: „Bob wird Elvis überdauern, denn er war nicht nur ein Rock ’n‘ Roll-Troubadour, sondern ein richtiger Volksheld.“
und Bunny Wailer, Marleys einstiger Weggenosse, ließ seiner Empörung freien Lauf, als er jüngst mit ME/Sounds-Mann Jörg Feyer über dieses Thema plauderte: „Das Ganze ist eine Schande für die Menschheit. Bob wird bis in alle Ewigkeit viel mehr wert sein als Elvis Presley, denn er hat das Leben vieler Leute revolutioniert. Er setzte mit seiner Arbeit das fort, was Jesus Christus vor 2000Jahren begonnen hat. Und so sollte er auch behandelt werden. Die Leute, die jetzt seinen Wert taxiert haben, kennen keinen Respekt vor dem, was Bob Marley für die Menschheit getan hat. „
Bunny zielt mit seiner verbalen Breitseite gegen Chris Blackwell, dem er, gelinde gesagt, nicht sehr grün ist:
„Er ist einer von diesen Typen, die immer mehr für immer weniger wollen. Und deshalb gibt’s so viele arme Leute – und so wenige reiche. Was er mit seinen Künstlern macht, beruht nicht auf Aufrichtigkeit.“
Marleys Mutter Cedella Booker ist hingegen erleichtert darüber, daß Blackwell die Erbstreitigkeiten regelte: „Ich bin ja so glücklich“, gestand sie einem amerikanischen Reporter. Der berühmte Sohn hatte ihr ein luxuriöses Häuschen in Miami geschenkt, abei nach seinem Tod war jahrelang umstritten, wem die Villa tatsächlich gehörte.
Zasta-Mann Chris Blackwell stellt auch weitere Platten und Videos in Aussicht: „Zuerst werden wir wohl ein ‚International Marley Journal‘ herausgeben, um über die verschiedenen Projekte zu informieren. Dann sortieren wir das Material, die vielen Live-Mitschnitte, Probe-Takes und Videos. Wie und wann wir was veröffentlichen, müssen wir uns allerdings noch genau überlegen.“
Herrscht damit endlich Frieden auf Erden? Von wegen: Die Musiker von Bobs Band gingen bislang nämlich leer aus. Bassist „Family Man“ Barrett, Gitarrist Junior Marvin, Keyboarder Earl „Wire“ Lindo und Perkussionist Seeco Patterson ließen sich 1982 dazu überreden, auf alle zukünftigen Tantiemen zu verzichten. „Dabei gab uns Bob stets 50 Prozent der Einnahmen, denn wir erarbeiteten die Songs und Arrangements immer gemeinsam“, betont Junior Marvin sicher nicht zu unrecht.
Da sich der Anspruch der Vier nicht von der Hand weisen läßt, werden die rechtlichen Grabenkämpfe also weitergehen. Bob Marley kommt so schnell‘ noch nicht zur Ruhe.