Robert De Niro: Der letzte Tycoon
Als falscher Pfarrer gaunert Robert De Niro mit Sean Penn durchs Kino. Die Gage hilft, seine bislang ehrgeizigste Rolle zu finanzieren: De Niro als Film-Mogul.
Von der alten Kafferösterei an der Greenwich Avenue in New York sollte soviel wie möglich erhalten bleiben. Im Erdgeschoß, wo früher Lieferwagen eingestellt waren, eröffnete kürzlich die „Tribeca Bar and Grill“. Die Türen zur Wagenhalle wurden zur Restaurant-Dekoration erklärt, und im alten Kassenhäuschen ist jetzt die Garderobe. Darüber das Tribeca Film Center mit Büros. Schneideräumen und einem 70-Platz-Kino mit THX-Sound. Im achten Stockwerk, ganz oben, thront der Chef. Robert De Niro sitzt da, wo früher Kaffeebohnen geröstet wurden und blickt auf die alte Industriewaage, auf deren Erhaltung er großen Wert legte. Ein paar Kleinigkeiten ergänzte er allerdings noch. So entstand nahe seinem Büro ein Badezimmer mit Jacuzzi und statt der existierenden zwei Telefonleitungen sind jetzt über 300 installiert.
Telefoniert wird in den nächsten Wochen und Monaten viel im Filmcenter! Sechs Stockwerke sind an freie Produktionen vermietet. Zum Beispiel nutzt Brian De Palma das Center für seine Verfilmung des Romas „Das Freudenfeuer der Eitelkeiten“ von Tom Wolfe. Mit seinen Tribeca Productions hat De Niro allein 14 Projekte in der Entwicklung. Dustin Hoffman und Danny DeVito sind unter den vorgesehenen Stars und De Niro selbst fungiert als Produzent und/oder Regisseur und/oder Star. Anders als Michael Douglas, Robert Redford oder Barbra Streisand, die seit Jahren auch als Produzenten arbeiten, setzt De Niro nicht auf Hollywood als Standort und versteht sein Film-Center als Belebung für die New Yorker Film- und Künstlerszene. 7,2 Millionen Dollar bezahlte er vor zwei Jahren für das Gebäude, vermutlich ein Vielfaches davon für die komplette Renovierung. Jetzt gehört ihm die Hälfte des Centers.
Auch bei der Finanzierung scheint De Niro neue Wege gewählt zu haben. Statt sich nur auf Kredite einzulassen, wieselte er in den letzten zwei Jahren von einem Film zum anderen. Seit Ende 1987 die letzte Klappe für „Midnight Run“ fiel, drehte De Niro fünf weitere Filme, darunter „Wir sind keine Engel“ (Start: 14.6.1990) mit seinem Restaurant-Geschäftspartner Sean Penn. Ein sechster De-Niro-Film steht kurz vor Drehbeginn. Für einen bekannt wählerischen und peniblen Schauspieler ein wahres Höllentempo. Das Film Center startete De Niro folglich nicht, um in Zukunft in noch mehr Filmen noch mehr zu arbeiten. Wenn alles läuft, erklärte der neueste Tycoon, will er es sich leisten, auch mal einige Jahre lang in keinem einzigen Film mehr zu spielen.