Slickaphonics


Das letzte Mal sah ich Ray Anderson 1981 beim Moers Festival, als er mit seinem eigenen Trio auftrat – ausgezeichnete und kraftvolle Posaunen-Soli und schöne, fantasiereiche Kompositionen.

Daher traf es mich fast wie ein Schlag, als ich den Herrn jetzt ausstaffiert wie einen Clown, mit Schiebermütze über den Augen, Jagger-mäßig auf der Bühne herumspringen sah. Dabei sang er mit einer Stimme, die an Louis Armstrong, aber auch AI Jarreau und, ziemlich weit hergeholt, selbst an Loudon Wainwright erinnerte.

Stünden ihm richtige Songs zur Verfügung, könnte er als Sanger sogar durchaus Eindruck schinden. Aber die Slickaphonics haben sich zu sehr auf die Vorstellung versteift, Rock sei nicht mehr als Spaß an der Freud. Nichts gegen eine zünftige Party-Stimmung, aber wenn sich kompetente Musiker auf der Bühne befinden, dann möchte man mehr hören als die altbekannte „Do you feel alright?“-Leier.

In ihrer Besetzung und Funk-Orientierung erinnern die Slickaphonics ein bißchen zu sehr an die inzwischen nicht mehr existenten Defunkt: bei beiden Gruppen ein charismatischer Posaunist/Leader und sogar noch Ähnlichkeit bei den LP-Titeln: HUMATONIC ENERGY von den Slickaphonics und THERMONU-CLEAR SWEAT bei Defunkt.

Man sollte die Band nicht niedermachen, denn streckenweise ist das, was sie zu bieten hat, durchaus aufregend; aber sie konnte eben weitaus mehr bieten. Man konnte die Schattenseiten allerdings umgehend vergessen, wenn Anderson seine Posaune ans Mikro hob; es gab auch mehrere exzellente Soli des Bassisten Mark Helias – ja, keiner der Jungs versteckte sich, wenn’s um Solo-Einlagen ging.

Es ist eben nur das Konzept der Slickaphonics, das nicht hinhaut. Sie sind rundherum zu slick. Wenn sie sich darauf versteifen wollen, Rock und Funk zu spielen, dann sollten sie diese Stilrichtungen besser zu verstehen lernen.