Bilderbuch
MAGIC LIFE
Maschin/Universal
Work hard, party hard: Stress wird bei den österreichischen Posterboys zur Superfunkypartytime. Mit ihrer lässigen Mischung aus Rock, Funk und R’n’B übertreffen Bilderbuch alle – nur nicht sich selbst.
So sweet ist der Success: „Türen aus Glas sehen mich kommen, machen sich auf.“ Maurice Ernst, Frontstrizzi der österreichischen Glam-Pop-Sensation Bilderbuch, schwebt hinein in den Fashion Store. Sneakers, Drinks. Für ihn ist alles gratis. Die Eltern heben besorgt den Zeigefinger: Denk auch ein bisschen an die Zukunft, Junge! Das kostet ihn nur ein Schulterzucken. „Die Alten sagen nichts im Leben ist for free, ich wills nicht glauben, seh da drin keinen Sinn, bin so high wie nie.“ Ein lässiger Lackel ist das!
Weniger robuste Zeitgenossen wären wohl daran zerbrochen, einen Nachfolger zum Überalbum SCHICK SCHOCK (2015) liefern zu müssen. Aber, um es auf Österreichisch zu sagen: Da darf man sich halt nicht anscheißen. „Peitsch mich, Baby, ich brauch Hits“, lechzt Ernst. Er steht auf Stress. An Herausforderungen sind Bilderbuch bisher ja auch immer gewachsen. Dem Monsterhit „Maschin“ ließen sie vor zwei Jahren das cool-groovende „Spliff“ folgen, bevor sie mit „Om“ einen Haken schlugen und ihr Soundspektrum noch einmal ganz gewaltig ausdehnten. Und auch diesmal wählen Bilderbuch nicht den Weg des geringsten Widerstandes.
Als ersten Vorboten ihres vierten Albums MAGIC LIFE schickten sie „Sweetlove“ in die Welt, eine Soul-Ballade mit „Little Wing“-Gitarren und dem liebestrunken säuselnden Maurice. Ohne Schlagzeug, ohne Bass. Frage nicht! „Nein. Einfach nur nein!“, maulten da manche Fans auf Facebook. Das ist ein gutes Zeichen für eine Band, die sich stets neu erfinden will. Die folgenden Releases „I <3 Stress“ und „Erzähl deinen Mädels, ich bin wieder in der Stadt“ wurden nicht weniger kontrovers aufgenommen. Verschleppte Beats, sperrige Melodien. Dazu Ernst, der uns mit einer Cunnilingus-Metapher („Sei nicht sauer meine kleine Grapefruit, ich schmecke immer noch nach Fruit Juice“) neuro-linguistisch auf geil programmierte. Clever. Aber wo blieb der Hit? Bilderbuch lieferten auch den.„Bungalow“ war endlich was fürs taub gewordene Tanzbein! Wer aber hofft, dass MAGIC LIFE darüber hinaus noch sehr viel mehr zu bieten hat, wird ein bisschen enttäuscht sein. Neben einem Intro („Carpe Diem“) und zwei kurzen Intermezzos („Baba Pt. 2“, „Magic Life“), finden sich bloß fünf neue Songs auf der knapp 40-minütigen Platte (den Digital-only-Track „Babylon“ nicht mitgerechnet). Die sind wieder gespickt mit musikalischen Easter Eggs: Maurice wird es heiß in Wien, so wie seinerzeit Falco, Prince lebt in den Licks von Gitarrist Mike Krammer. Und die Schreibweise von „Sprit N’ Soda“ erinnert nicht zufällig an Guns N’ Roses.
Als neue Einflüsse kommen Reggae, Trap und Gospel hinzu. Auch einen Ausrutscher leisten sich Bilderbuch erstmals: „Superfunkypartytime“ klingt, als hätten die Teenage Mutant Ninja Turtles eine neue Single aufgenommen. Sei’s drum. MAGIC LIFE kann SCHICK SCHOCK vielleicht nicht toppen. In vielen Momenten ist die Platte dem Vorgänger aber ebenbürtig. Anderen Bands sind Bilderbuch damit immer noch meilenweit voraus. „Ich bin ein Löwe der Zeit, der schönste meiner Art“, singt Ernst. Ja, eh!