Austra

Future Politics

Domino/GoodToGo

Beatgetriebene Utopie: Katie Stelmanis stemmt sich mit hymnenhaftem Synthie-Pop und unbeirrbarem Optimismus gegen die Turbulenzen unserer Gegenwart.

Die komplizierte Balance zwischen Dance-Music und Moll-Akkorden ist einer dieser Kunstgriffe, die nur wenige beherrschen. Dass Austra wissen, wie man ihn zustande bringt, ahnte man bereits 2011 bei ihrem Debüt FEEL IT BREAK. Mit dem Nachfolger OLYMPIA und der Transformation von distanzierten Synthie-Sounds hin zu beatgetriebenen Arrangements fand das Projekt um die klassisch ausgebildete Sängerin und Pianistin Katie Austra Stelmanis zu seinem Signature Sound.

Für das dritte Album hat sich die Kanadierin nun von der europäischen 90er-Clubkultur inspirieren lassen: Beats als Ausdruck radikaler Utopien. Stelmanis’ unmissverständlicher Appell auf ihrem bisher politischsten Album ist so simpel wie drängend: Es ist unsere Pflicht, sich eine bessere Welt vorzustellen und etwas dafür zu tun. „I can picture a place where everybody feels it too. It might be fiction, but I see it ahead“, singt sie in „Utopia“.

Gut, dass sich Stelmanis mit der wichtigsten Frage gleich im Opener beschäftigt: Wie man denn nun den Arsch hochbekommt. „Doctor, what’s the cure for apathy?“ Die Antwort darauf ist eine Gegenfrage: „What if we were alive?“ Was wäre, wenn wir alle die Benommenheit abschütteln und aufwachen würden? Der Sound dazu ist cleaner und kühler als auf dem Vorgänger. Ihre Kraft beziehen die Songs immer noch aus der Verschmelzung der elektrisierenden Beats und Stelmanis’ außerweltlicher Stimme: In eindrucksvoll hohen Melodiebögen schwirrt sie durch die Lieder und erzählt nicht nur von kollektiver, sondern persönlicher Verzweiflung– und davon, dass man beides nie ganz trennen kann.